Chiemgau und Berchtesgadener Land sind der Inbegriff all dessen, was man sich gemeinhin unter Bayerischem vorstellt: Saftige Wiesen vor schneebedeckten Bergen laden zu Wanderungen und Klettertouren ein. Bauerngärten strotzen vor Blumen, und über das Blau der Seen treibt der Föhn, der von den Alpengipfeln herunterwehende Südwind, die Segelboote.
Die sanft gewellte Voralpenlandschaft, wie sie die Moränen der Eiszeit so harmonisch geformt haben, beruhigt die Seele. Auch was der Mensch hier hingestellt hat, kann sich sehen lassen: mächtige Klöster, hübsche Zwiebelturmkirchen und gemütliche Wirtshäuser. Und dann die Bewohner selbst: schlitzohrig, grummelig und doch lebensfroh – das sind nicht nur die Klischees, das ist auch die Wirklichkeit. So wird Oberbayern immer wieder als beliebteste Ferienregion Deutschlands gewählt. Laut ADAC und dem oberbayerischen Fremdenverkehrsamt finden Urlauber keinen Landstrich so anziehend wie diesen südlichen Teil Bayerns, zu dessen ganz großen Hotspots der Chiemgau und das Berchtesgadener Land zählen. Beide Gebiete bilden gemeinsam den südöstlichen Teil Oberbayerns. Dieses bayerische „Eckgebiet“ stößt im Süden und im Osten an die österreichische Grenze und wird im Westen wie im Norden vom Inn begrenzt. Doch die geografischen Grenzen allein sagen nicht viel aus über das Gebiet. Es sind vielmehr seine unterschiedlichen Gesichter, die ihm seinen unverwechselbaren Charakter verleihen. Rein optisch und ohne allzu große Rücksichtnahme auf historische und geophysische Gegebenheiten lässt sich Südostbayern in drei griffige Regionen aufteilen.
Das verzauberte Land: Wie es scheint, verführt kaum eine Gegend in Deutschland so sehr zum Seufzen, zum Dichten und zum Schreiben wie der Chiemgau. Ludwig Thoma und Isabella Nadolny sind nur zwei Beispiele für Schriftsteller, denen hier das Herz aufging. Auch Maler zog es seit der Mitte des 19. Jhs. an den Chiemsee. Dessen Stimmungen suchten zahlreiche Künstler einzufangen, von Eduard Schleich über Max Slevogt bis hin zu Arnold Balwé und Julius Exter.
Der Chiemgau ist eine uralte Kulturlandschaft zwischen den Flüssen Inn, Alz und Traun, im Süden von den Bergen begrenzt, im Norden hinter Trostberg auslaufend. Sein Mittelpunkt ist der Chiemsee, mit seinen rund 80 km2 der drittgrößte See Deutschlands und ein wunderbares Segelrevier dazu. Der eigentliche Zauber aber beruht auf dem Zusammenspiel mit seinem Umland: Der See liegt in einer weiten, grünen Ebene, die von den zackigen Bergen Hochfelln, Hochgern und Kampenwand umschlossen ist. Besonders imposant zeigt sich das Panorama auf Schloss Herrenchiemsee, dem Versailles des bayerischen „Märchenkönigs“ Ludwig II. Neben Gewässern zum Segeln und Schwimmen sowie Kletterfelsen und Skibergen gibt es auch Kirchenkunst zu entdecken. Diese blüht hier seit über 1000 Jahren, seit die Benediktiner die Klöster auf den zwei Chiemseeinseln gründeten – heute sind sie ein Magnet für Besucher aus aller Welt.
Das stille Land: Wenn in den Städten des Rupertiwinkels, in Laufen und in Tittmoning, auch im urbayerischen Burghausen, die Zeit stehen geblieben zu sein scheint, dann rührt dieser Eindruck nicht zuletzt von der nahezu vollkommen erhaltenen Inn-Salzach-Bauweise her, einer aus dem Süden inspirierten Stadtarchitektur. An langen Plätzen reihen sich Bürgerhäuser und Arkadengänge – die Zeitreise in längst vergangene Jahrhunderte ist fast perfekt. Aber nur fast. Hinter den Fassaden der Patrizierhäuser, der Bauernhöfe und urigen Berghütten wartet die Moderne.
Das dramatische Land: Eine Bühne für extreme Natur ist das Berchtesgadener Land. Der Anblick des Watzmanns, wie er sich über den Doppeltürmen der Berchtesgadener Stiftskirche erhebt, kann einem immer wieder Schauer über den Rücken jagen. Hier ist das Land der Berge und Wälder, der Steine und des Salzes. Den Mönchen, die sich Anfang des 12. Jhs. an die Kultivierung des abgelegenen Gebirgswinkels machten, stellte sich eine unwegsame Natur entgegen. Heute ist das Gebiet ein überaus ertragreiches Stück Erde. Das Salzgeschäft bringt nicht mehr die astronomischen Gewinnspannen, die vom späten Mittelalter an die Bevölkerung reich und mächtig werden ließen – an seine Stelle ist der Tourismus getreten. Klare Luft, Tafelberge, jäh abfallende Felswände und waldreiche Täler bilden eine aufregende Szenerie. Wild, stark und dunkel erscheint die einzigartige Landschaft, die sich bei Wanderungen erleben lässt.
So ist das Bayern-Eck am Ende eine runde Sache: Lederhosn und Reggaekonzerte, Biergärten und Biofood, Canyoning und Trachtenwallfahrten verbinden sich hier zu einer einmaligen Ferienwelt.
Zum Chiemsee und ins Berchtesgadener Land geht es ab München über die Salzburger Autobahn (A 8). Nach Mühldorf, Altötting und Burghausen fährt man ab München schneller über die B 12 Richtung Passau.
Auch mit der Bahn geht es von der Landeshauptstadt bequem in die Region. Vom Hauptbahnhof fahren Züge nach Wasserburg, Burghausen, Rosenheim, Prien und Traunstein bis nach Salzburg. Wer ins Berchtesgadener Land möchte, nimmt ebenfalls den Salzburgzug und steigt kurz vor der Grenze in Freilassing um. Autoreisezüge halten in München nicht am Haupt-, sondern am Ostbahnhof.
Mit dem Flugzeug: Für Reisende ins Berchtesgadener Land und in den Rupertiwinkel bietet sich als nächstliegende Lösung der Salzburger Flughafen an, den auch Billigflieger ansteuern. Von hier aus geht‘s bequem mit dem Leihwagen weiter. In München wird der Flughafen „Franz Josef Strauß“ aus zahlreichen deutschen Städten angeflogen. Da er außerhalb der Stadt liegt, ist man von hier mit dem Mietwagen schnell auf den Autobahnen, die S-Bahn düst in 40 Minuten zum Hauptbahnhof.
Das Busnetz ab München ist nicht gut erschlossen. Vom Zentralen Omnibusbahnhof fährt der Flixbus nur Mühldorf an. Vom Ostbahnhof gelang man bis Haag, von dort mit viel Umsteigen nach Wasserburg oder Rosenheim.
– Chiemgau Tourismus | Haslacher Str. 30 | Traunstein | Tel. 0861 9 09 59 00 | chiemsee-chiemgau.info
– Berchtesgadener Land Tourismus | Maximilianstr. 9 | Berchtesgaden | Tel. 08652 6 56 50 50 | berchtesgadenerland.com
Bergwacht Bayern (Tel. 08041 79 43 80 | bergwacht-bayern.de) (mit 300 Hilfs- und Meldestellen) Bei größeren Bergtouren sag im Hotel Bescheid und gib deine geplante Route an. Merk dir das alpine Notsignal: Innerhalb einer Minute sechs optische oder akustische Zeichen in möglichst regelmäßigen Abständen geben, eine Minute lang pausieren, dann wiederholen. Geantwortet wird mit drei Zeichen pro Minute, ebenfalls in gleichen Abständen. Als Signalmittel eignen sich Trillerpfeifen, Taschenlampen oder auch farbige, auffällige Kleidungsstücke oder Rucksäcke, die man schwenken kann.
An die 40 Campingplätze gibt es im Chiemgau und im Berchtesgadener Land, viele direkt am See. Eine gute Übersicht bietet der Online-Campingführer von Chiemgau Tourismus (chiemsee-chiemgau.info) an.
Für Familien eignet sich diese kostengünstige Übernachtung, die jede Menge Spaß verspricht. Auch Ferienwohnungen gibt es zuhauf. chiemseebauernhofurlaub.de
In Bischofswiesen bei Berchtesgaden steht die erste Designerjugendherberge Deutschlands. Herbergsecht nächtigst du im Stockbett, das sich tagsüber hochklappen lässt und so zu einer Sitznische wird – Instagram erwünscht! (Das WLAN ist hier besser als im Ort …) Auch in Burghausen, Mühldorf und Prien sind die Unterkünfte modern und sehr günstig. Eine Übersicht bietet das Deutsche Jugendherbergswerk (jugendherberge.de).
– Österreichisches Generalkonsulat | Ismaninger Str. 136 | München | Tel. 089 99 81 50 | bmeia.gv.at/gk-muenchen
– Schweizerisches Generalkonsulat | Prinzregentenstr. 20 | München | Tel. 089 2 86 62 00 | eda.admin.ch/muenchen
Gerade die östlichen Regionen gelten als FSME-Risikogebiet, daher ist es wichtig, sich rechtzeitig über eine Zeckenschutzimpfung zu informieren (zecken.de). Lange Shirts und Hosen beugen bei Wanderungen und Waldspaziergängen Zeckenbissen vor. Solltest du trotzdem eine Zecke auf deiner Haut finden, lass sie am besten von einem Arzt entfernen.
Polizei: Tel. 1 10
Feuerwehr: Tel. 1 12
ADAC-Pannenhilfe: Tel. 089 20 20 40 00
Wenn ein Sturm oder Gewitter aufzieht, kann sich der Chiemsee binnen Minuten in eine brodelnde Suppe verwandeln, die für Segler und Surfer eine echte Gefahr darstellt. Blinken die am See angebrachten Sturmwarnleuchten, solltest du schnell den nächsten Hafen anlaufen.
Der Chiemgau hat das ganze Jahr über viel zu bieten. Abgesehen vom grauen November und vielleicht auch vom Juni, in dem es am meisten regnet. Der Sommer ist ein Traum. Viele Münchner verreisen im August nicht ins Ausland, weil es dann nirgendwo schöner ist als an den oberbayerischen Seen.
September und Oktober mit ihren klaren, frischen Tagen sind ideal für Bergsteiger. Ende September, Anfang Oktober, wenn in München das Oktoberfest stattfindet, musst du mit Bettenknappheit und Wucherpreisen bis in den Chiemgau rechnen.
Auf dem Chiemsee besteht regelmäßiger Liniendampferverkehr. Angefahren werden Prien, die Herreninsel, Gstadt, die Fraueninsel, Seebruck, Chieming, Feldwies und Bernau/ Felden. Nach Herrenchiemsee gelangst du am schnellsten von Prien aus; die Überfahrt dauert 15 Minuten und kostet einfach 6,40 Euro. Die große Seerundfahrt (Dauer: 2,5 Std. | chiemsee-schifffahrt.de), bei der sämtliche Uferorte sowie die beiden Inseln abgeklappert werden, kostet 13,60 Euro. Auf dem Königssee verkehren Elektromotorboote von der Anlegestelle Königssee nach Sankt Bartholomä (hin und zurück 17 Euro) und nach Salet/ Obersee (hin und zurück 20,50 Euro | seenschifffahrt.de). Achtung: Hunde sind an Bord nur erwünscht, wenn sie einen Maulkorb tragen.
Der Handyempfang in den Bergen wie auch auf Landstraßen ist manchmal schlecht.
Mit der Oberbayern-Card (oberbayerncard.info) stehen dir zahlreiche Attraktionen der Region kostenlos oder zu günstigen Preisen zur Verfügung. Für zwei Tage kostet die Karte z. B. 35,90 Euro, für drei aus 14 Tagen sind es 48,90 Euro. Gratis sind unter anderem der Eintritt in die Freizeitbäder Vita Alpina in Ruhpolding oder die Watzmann-Therme in Berchtesgaden, der Besuch der Dokumentation Obersalzberg, die Hochfelln-Seilbahn und die Lokwelt in Freilassing. Die Gästekarte des Chiemsees (chiemsee-alpenland.de) bringt weitere Vergünstigungen bei Sehenswürdigkeiten, Bergbahnen und in Museen.
Auch ohne eigenes Auto lässt sich die Region gut bereisen. Die Bayerische Oberlandbahn (brb.de) verbindet Rosenheim (über den Chiemsee, Traunstein und Freilassing) mit Salzburg. Mit den Regiozügen der Südostbayernbahn (suedostbayernbahn.de) gelangst du vom Knotenpunkt Mühldorf nach Rosenheim, Ruhpolding und Burghausen.
Gut vernetzt sind auch die Orte im Chiemgau untereinander. Drehkreuze sind Rosenheim, Traunstein, Wasserburg, Traunreut und Bad Reichenhall. Perfekt für eine schöne Tour um das „Bayerische Meer“ ist die Chiemseeringlinie, deren Busse den See zweibis dreimal täglich in beiden Richtungen umrunden. Die Busse ziehen einen Fahrradanhänger hinter sich her. Wer also müde ist, kann ein Stück des Wegs im Bus entspannen. Die Tageskarte kostet 10,20 Euro (Fahrrad 2,10 Euro/ Fahrt), die Inhaber von Gästekarten der beteiligten Gemeinden fahren kostenlos. Dazu bieten Orte wie Inzell oder Ruhpolding Strecken im Minibus an. Auch nachts gibt es einen Express, der Orte wie Traunstein, Tittmoning, Obing, Seebruck und Chieming verbindet.
In stark frequentierten Orten gibt es häufig öffentliches WLAN.
Überall ist es möglich, dass Sehenswürdigkeiten zwischen 12 und 14 Uhr geschlossen sind. Kirchen in abgelegenen Regionen sind teils verschlossen; wer im Pfarrhaus nach dem Schlüssel fragt, dem wird geholfen. Auch zu hohen Feiertagen wie Weihnachten, Pfingsten oder Mariä Himmelfahrt sind einige Sehenswürdigkeiten geschlossen. Warmes Essen gibt es in den Wirtshäusern oft nur bis 21 Uhr. Sonntagmittags sind viele Restaurants rege besucht, eine Reservierung hilft.
Neujahr
Heilige Drei Könige
Karfreitag; Ostermontag
Tag der Arbeit
Christi Himmelfahrt; Pfingstmontag; Fronleichnam
Mariä Himmelfahrt
Tag der deutschen Einheit
Allerheiligen
Weihnachten
Aperschnalzen: In den Dörfern lässt man die „Goaßln“ knallen, um den Winter auszutreiben. schnalzen.de
Internationale Jazzwoche Burghausen: Jazz vom Feinsten. b-jazz.com
Georgiritte: Am Ostermontag traben 600 geschmückte Pferde in Traunstein. Am letzten Wochenende treten in Tittmoning auch „römische Soldaten“ auf.
Trachtenwallfahrt zur Kirche Maria Eck: am 3. Sonntag des Monats.
Altstadtfest in Trostberg: Die Hauptstraße des Orts verwandelt sich in einen riesigen Biergarten.
Chiemgau Alm-Festival: An den Wochenenden wird vor den schönsten Hütten aufgespielt.
Lichterfest in Seebruck: Tausende Lampions – eine besondere Atmosphäre.
Burgtage in Tittmoning: Gaukler, Ritter und viel Mittelalter. tittmoning.de
Kuahgartn Open Air: Festivalfans feiern die Bands, nahe Wasserburg.
Rosenheimer Herbstfest: Die kleine Schwester des Oktoberfests, nur viel zünftiger. herbstfest-rosenheim.de
Almabtrieb: Festlich geschmückt kehrt das Vieh von den Sommerweiden in die Ställe zurück.
Leonhardiritte: Bei den prächtigen Ritten, z. B. in Kirchweidach, wird der Schutzpatron des Nutzviehs geehrt.
Buttnmandllaufen: Der Nikolaus wird von zwölf wilden Gesellen begleitet. Ein ähnlicher Brauch ist der Perchtenlauf von Kirchseeon.
Die Bayern nehmen es in ländlichen Gebieten mit dem Besuch von Messen und Andachten genau. Handyklingeln und ratschende Besucher stören. Achte beim Fotografieren auch darauf, niemanden im Gebet abzulichten.
Eine Maß ist ein stolzer Liter Bier. Und der steigt im Sommer fix zu Kopf. Entweder man teilt mit seinem „Spatzl“ oder bestellt wie die Bayern „saures Radler”, mit Wasser verdünnt – schmeckt besser, als man meint!
Halb München düst am Wochenende an den See und ins Berchtesgadener Land. Die Strandbäder, Wirtshäuser, Hütten und Berge sind dann rappelvoll, und über den Königssee oder Frauenchiemsee schieben sich die Massen. Im Urlaub sollte man also schauen, dass man unter der Woche zu den Highlights kommt.
Sneaker oder Sandalen geben beim Wandern keinen Halt. Auch eine leichte Tour kann ein Stück über Geröll führen. Deshalb: Wanderschuhe schnüren! Bergneulinge buchen einen Guide vom Tourismusamt.
Der Dialekt des Chiemgaus klingt so herrlich charmant. Doch er ist für „Zuagroaste” schwer zu erlernen! Willst du dich anpassen, sag „Grüß Gott” und „Aufwiederschaaan” oder bestell in der Bäckerei „Semmeln” und im Wirtshaus „a Helles”.
Fischerin Kati Lochbichler liebt ihr beschauliches Leben auf der Fraueninsel inmitten des Chiemsees. Aber so recht anpassen mag sie sich nicht – und dann kommen ihr auch noch die Männer in die Quere. Einen Folgeroman hat Autorin Heidi Hohner auch geschrieben. (2013)
Sonniger Bilderbuchchiemgau? Von wegen! Krimiautor Heinz von Wilk beschreibt packend eine reichlich finstere, mafiöse Seite von Rosenheim. (2018)
Überraschend, modern und voller Liebe für seine Heimat zeigt Regisseur Joseph Vilsmaier bildgewaltig den Freistaat – und erklärt, warum Bayern hier so gern leben. (2012, DVD)
Hinter der heilen Fassade des Alpenidylls lauern Streit, Missgunst und Betrug: Regisseur Hans Steinbichler landete mit dem Chiemgaudrama einen Überraschungserfolg. Mit Johanna Wokalek und Josef Bierbichler ist der Film hochkarätig besetzt. (2003, DVD)
Strom | 230 V, 50 Hz | |
Reisepass / Visum | nicht notwendig | |
Ortszeit | 10:59 Uhr |