Immerwährende Sonne, grün und blau schimmernde Gewässer, weiße Pudersandstrände, mit Zuckerrohr bepflanzte Hügel und dichte Regenwälder - all das haben die größeren Inseln der nördlichen Karibik gemein. Kulturell teilen sich die Großen Antillen in mehrere Nationen: Kuba, die Dominikanische Republik und Puerto Rico sind so spanisch wie die Konquistadoren sie nach ihrer Entdeckung vor 500 Jahren geprägt haben, wenngleich Puerto Rico seit Ende des 19. Jhs. zu den USA gehört. Jamaika und die Cayman Islands zählen zum englischen Sprachraum - ebenso wie die geografisch eigentlich nicht zur Karibik gehörenden Bahamas -, während in Haiti Französisch gesprochen wird.
Für alle Inseln der Großen Antillen wie für die Bahamas hat der Tourismus eine wichtige wirtschaftliche Bedeutung. Vor allem in Küstennähe gibt es große Hotelanlagen, ganze Urlaubspackages werden mitsamt Flug, Verpflegung und Unterhaltung oft zu Dumpingpreisen angeboten - ein nicht ausschließlich wünschenswerter Trend, der sich aus den USA hierher verbreitet hat. Daneben gibt es aber auch kleine, exklusive Hotels und preisgünstigere Guesthouses. Besonders Segler, Taucher und Surfer, Bergwanderer und Golfspieler werden begeistert sein vom vielfältigen Angebot auf den einzelnen Inseln. Auch im Wellnessbereich liegen die Antillen voll im Trend. Luxuriöse Packungen und Scrubs, entspannende Massagen, Aromatherapien und nicht zuletzt Yoga und Pilates haben sich ihren Weg in die Spas der besseren Hotels gebahnt. Wer sich für Architektur interessiert, wird die Kolonialbauten der Altstädte bestaunen, deren etwas heruntergekommene Originalität mit gotischen Rundbögen und maurischen Säulen Sie in die Tage der Eroberer zurückversetzen wird. Auch die Überreste alter Zuckerrohrplantagen mit ihren einstmals prächtigen Herrenhäusern und Steinmühlen lohnen einen Besuch. Vom Piratenfieber können Sie sich in den Ruinen von Port Royal, der alten Freibeuterkapitale Jamaikas, mitreißen lassen.
Die Menschen, die auf all diesen Inseln leben, bilden ein buntes Völkergemisch: Hier finden sich die Nachfahren der afrikanischen Sklaven, der Einwanderer aus fast allen Ländern Europas, chinesischer, indischer und arabischer Geschäftsleute, von Süd- und Nordamerikanern und den ersten indianischen Einwohnern der Inseln. Religiöse, soziale, kulturelle oder politische Barrieren sind selten. Vielmehr respektiert man sich, und die Menschen aus ursprünglich unterschiedlichen Kulturen passen sich an, zumindest sprachlich: Der chinesische Händler spricht genauso Patois, die melodiöse Sprache Jamaikas, wie der seine Dreadlocks schüttelnde DJ oder die indische Krankenschwester. Viele Muslime gehen in die Kirche, wenn es keine Moschee gibt: Gottesdienst ist eben Gottesdienst. Gerade auf den englischsprachigen Inseln ist oft eine heitere Frömmigkeit anzutreffen. Drohende Moralpredigten des Pastors wechseln sich dort mit gut gelauntem Gospelgesang der Gemeinde ab - eher eine Party als eine ehrfürchtige Andacht. Die beständige Brise der Passatwinde hält das subtropische Klima der Inseln auf angenehmen 28-29° C. Das hat wohl die Lebenslust der Menschen aller karibischen Nationen so legendär gemacht: in jeder Lebenslage wird getanzt, Musik gemacht, gelacht und ausgiebig gefeiert.
Kuba (114524 km2) und Hispaniola (76484 km2), die Insel, die in Haiti und die Dominikanischen Republik geteilt ist, sind sich landschaftlich ähnlich. Beide Inseln sind geprägt durch eine Vielfalt aus sanft gewellten Gebirgen, kegelförmigen Bergen, Seen und Wasserfällen, Flussmündungen, Palmenhainen, Reis- und Zuckerrohrfeldern und haben dank ihrer Regenwälder eine üppige Vegetation. In Puerto Rico (8897 km2) zieht sich die Cordillera Central in einer Berg- und Taltour quer durch die Insel. Entlang ihrem Rücken liegen moosbewachsene Hügel, Urwald breitet sich an manchen Stellen aus, tiefe Schluchten lassen grandiose Blicke auf das Meer zu. Mit dem El Yunque Rain Forest besitzt Puerto Rico den einzigen tropischen Regenwald der USA. Auf den weiten Ebenen im Tal prägen Ananasfelder das Landschaftsbild.
Jamaikas Hinterland - die Insel ist 10991 km2 groß - wird beherrscht vom zerklüfteten Cockpit Country und von dem großteils bewaldeten Gebirgsmassiv Blue Mountains. Zuckerplantagen und Bananenhaine ziehen sich entlang der hügeligen Ebenen Richtung Küste. Nur die Cayman Islands (259 km2) und die Inseln der Bahamas (13939 km2) sind flach und haben ein arides Klima. Hier wachsen Kakteen und Dornsträucher, Mangrovensümpfe säumen die Küsten. Die Naturparks beider Inselfamilien liegen eher unter Wasser: mit Sea Parks, Korallenriffen und Schiffswracks. Das subtropische Klima der Karibik sorgt im Sommer und Herbst für die meisten Niederschläge, obwohl sich die Temperaturen im Vergleich zu denen des Winters kaum ändern. Während dieser feuchtwarmen Regenzeit streifen immer wieder Hurrikane auf ihrem Weg Richtung Mittel- oder Nordamerika die Inseln. Die Einwohner tragen diese Naturphänomene mit Fassung: "It's just the weather" heißt es dann lakonisch bei einer Hurricanewarnung. Fast routinemäßig werden Fenster und Türen verrammelt, und am Tag nach dem Sturm beginnen sogleich die Aufräumarbeiten. Allerdings steigt seit Jahren der Anteil schwerer Wirbelstürme - vermutlich im Zusammenhang mit der globalen Erwärmung.
Historische Gemeinsamkeiten der Großen Antillen und der Bahamas sind ihre "Entdeckung" im 15. Jh., die Ausrottung ihrer indianischen Bewohner und die Sklavenhaltung, die den Inseln die Zuckerproduktion ermöglichte. Nachdem Kolumbus die Inseln in Besitz genommen hatte, blieben sie als Stützpunkte auf der Route zwischen Europa und dem amerikanischen Festland in spanischer Hand. Die reichen Silberfunde in Mittel- und Südamerika mussten in die Alte Welt befördert werden, und die Häfen von Havanna und San Juan boten Schutz vor den Engländern.
Auf Hispaniola fand man Gold, das Glücksritter und Seeräuber anlockte. Schon im 17. Jh. kam Jamaika unter die Herrschaft der englischen Krone. Bei früheren Angriffen der Engländer war den Spaniern eine Anzahl afrikanischer Sklaven entkommen. Diese Maroons genannten Flüchtlinge verbargen sich im Landesinneren und führten immer wieder Kleinkriege gegen die Herren der Insel. Noch heute leben ihre Nachfahren im Cockpit Country. Anfang des 19. Jhs. setzte die Blütezeit der Inseln mit dem Zuckerhandel ein. Der immense Reichtum kam freilich nur den Zuckerbaronen, einer kleinen Gruppe von Großgrundbesitzern, zugute. Als in den 1920er-Jahren der Zuckerpreis weltweit rapide fiel, verbreiteten sich Armut und soziale Not. Auf Kuba und Hispaniola entluden sich die Spannungen in Unruhen, deren Unterdrückung es Diktatoren leicht machte, auf den Präsidentensessel zu kommen. Jamaika entwickelte sich in dieser Zeit zum Auswanderungsland. Viele Jamaikaner gingen nach Großbritannien, dessen Staatsbürgerschaft sie besaßen. Hispaniola ist zur Demokratie zurückgekehrt. Während die Dominikanische Republik mit Erfolg auf Massentourismus setzt, kämpft Haiti noch mit bitterer Armut. Kuba hat sich seines Diktators mit Hilfe der Revolution Fidel Castros entledigt.
Erst seit den 1970er-Jahren haben die Großen Antillen und die Bahamas ihr Potenzial als Reiseziel entdeckt und genutzt. Seitdem boomt der Tourismus und ist für viele der Inseln die Einnahmequelle Nummer eins. Packages, Individualreisen und Kreuzfahrten stehen bei allen Reiseveranstaltern im Programm, von luxuriös bis low budget. Immer mehr Hotels verpflichten sich zum "grünen Tourismus", der Umwelt, Gesellschaft und Kultur der Region berücksichtigt. Dabei ist Jamaika Vorreiter der Bewegung: "Green Globe" (www.greenglobe.com), eine Organisation, die für ökologische Standards im Tourismus eintritt, hat der Insel schon für 10 Hotels einen "grünen Globus" verliehen.