„Wenn einer eine Reise tut, so kann er was verzählen ...“, wusste schon Matthias Claudius. Das gilt natürlich auch für Kreuzfahrt-Reisen. Manche Geschichten sind jedoch nur für die Zuhörer amüsant; die Betroffenen selbst finden es weniger lustig, wenn die Schiffsreise nicht ihren Erwartungen entspricht. Hinterher stellt sich dann die Frage: Hat eine Klage Aussicht auf Erfolg? Wir schlauen Sie auf.
Über Lärmbelästigung an Bord beklagen sich verhältnismäßig viele Kreuzfahrt-Passagiere. Diese kann unterschiedliche Ursachen haben und wird dementsprechend auch unterschiedlich gehandhabt: Sämtliche Geräusche, die vom normalen Betrieb des Schiffes verursacht werden, sind als Urlauber hinzunehmen. Klagen über Lärm aus dem Maschinenraum, von der Klimaanlage oder bei der Deckreinigung haben deshalb keine Aussicht auf Erfolg bzw. wurden von Gerichten bereits abgewiesen. Auch Hafengeräusche, Ankerschläge und Vibrationen gehören dazu. Anders sieht es aus, wenn Sie einer musikalischen Dauerbeschallung ausgesetzt sind. Je nach Umfang und Intensität können Sie eine Minderung des Reisepreises einfordern.
Auch das Essen schmeckt einigen Kreuzfahrt-Passagieren nicht. Hier sind die Aussichten auf eine Minderung des Reisepreises allerdings sehr gering, solange nicht ganz konkrete Mängel genannt werden können. In der Regel wird bei den Mahlzeiten genügend Auswahl geboten, auf die die Gerichte dann verweisen – auch wenn nichts dabei ist, was Ihnen mundet. Eine fünfprozentige Minderung des Preises erstritt sich allerdings ein Kläger für stets nur lauwarmes Bord-Essen.
Die Kabine ist ebenfalls häufiges Thema bei Kreuzfahrt-Klagen. Den einen ist sie zu klein – manchen sogar zu groß! Selbstverständlich wurde letztere Klage abgewiesen. In der Regel hat man Anspruch auf die gebuchte Kabinenkategorie und auf zugesicherte Ausstattungsdetails. Gründe für eine Reisepreisminderung sind demnach eine fehlende Klimaanlage (25%), eine nicht vorhandene Minibar (5%), fehlende Dusche/WC (15%) sowie ein fehlender Fernseher (5%). Anspruch auf deutschsprachige Fernsehprogramme hat der Passagier aber nicht – außer es wurde zuvor ausdrücklich zugesichert. Ein zu kurzes Schlafsofa kann zu einer Minderung von 35% führen, fehlendes Warmwasser beim Duschen zu 5%. Beschwerden wie ausgefranste Teppiche, Störung bei der Fußball-EM-Übertragung und unschöne Aussichten im Hafen wurden von den Gerichten bisher abgewiesen.
Weitere Klagen betreffen die allgemeine Schiffsausstattung: Ein Pool muss nur dann mit Wasser gefüllt und benutzbar sein, wenn dies auch vertraglich zugesichert wurde. In dem Fall hat man dann Aussicht auf eine 5%ige Minderung des Preises. Kein Grund zur Beschwerde ist die zu geringe Anzahl an Liegestühlen an Bord – nicht für jeden Passagier muss einer bereitstehen. Zu den eher skurrilen Klagen gehören Beschwerden über Roststellen an der Außenseite des Schiffes sowie eine salzverkrustete Reling. Beide wurden abgewiesen.
Großes Thema bei Klagen sind immer wieder die Mitreisenden, für die der Veranstalter jedoch nicht haftet. Sie müssen es also als Unannehmlichkeit hinnehmen, wenn Ihre Mitpassagiere das Frühstücksbüfett verwüsten, sich betrinken, ständig am Handy telefonieren oder sich nicht an die Kleiderordnung halten.
Hin und wieder kommt es zu ansteckenden Krankheiten auf hoher See. Auch hier versuchen manche Gäste, den Reisepreis hinterher gerichtlich zu drücken. Mit nur wenig Erfolg: Der Passagier muss beweisen, dass die Ansteckung auf dem Schiff erfolgt ist – und nicht etwa auf einem der Landgänge. Miserable hygienische Verhältnisse auf dem Schiff müssen ebenfalls durch den Gast nachgewiesen werden. In der Regel wird man die Anzahl der ähnlich erkrankten Passagiere unter die Lupe nehmen: Ist das Ausmaß ungewöhnlich hoch, kann der Reiseveranstalter in die Pflicht genommen werden. Für alle anderen Krankheiten gilt: Die gehören zum Lebensrisiko. Und auch wer seekrank wird, braucht sich nicht über zu hohen Wellengang beklagen: Damit muss man als Kreuzfahrt-Passagier einfach rechnen.
Ärgerlich ist es für viele, wenn das Schiff die beschriebene Route ändert. Hier sichern sich die meisten Veranstalter ab, indem sie von Anfang an betonen, dass diese den Bedingungen vor Ort angepasst werden kann. Trotzdem ist das nicht immer eine Entschuldigung. Die Gerichte urteilen hier zum Teil unterschiedlich. So bekam zum Beispiel ein Kläger, der sich darüber beschwert hatte, dass ein Großstadt-Hafen nicht direkt angelaufen wurde, sondern die Passagiere mit Bussen dorthin transportiert wurden, 25% der Reisepreises gutgeschrieben (AG München, 262 C 1373/09). In einem anderen Fall, in dem ein versprochener Hafen witterungsbedingt gar nicht angelaufen werden konnte, hatte das der Kläger hinzunehmen (AG Hamburg, 22 A C 103/04). Auch ein Containerhafen ist hinzunehmen, solange der Ort derselbe ist. Fälle von Piraterie, Terrorgefahr oder medizinischem Einsatz gelten als höhere Gewalt und schmälern die Aussicht auf eine erfolgreiche Klage. Wenn Sie hingegen eine Kreuzfahrt in die Arktis mit Packeis-Versprechen gebucht haben, aufgrund der Witterungsverhältnisse aber kein Eis zu Gesicht bekommen, kann der Reisepreis um 10% gemindert werden (OLG Hamburg, 9U 92/08).
Auch mit Landgängen ist es so eine Sache: Fällt einer aus, bekommen Sie in der Regel den anteiligen Tagesreisepreise erstattet. Oft werden sie aber nur verkürzt, weil das Schiff verspätet ist oder früher ablegen muss. Dann kommt es auf die Begründung und den Umfang an: Ist die Reduzierung bzw. Verspätung witterungsbedingt zu erklären? Bleibt noch genügend Zeit, um sich Sehenswürdigkeiten anzusehen oder ist dies in der übrig gebliebenen Zeit unmöglich? Je nach Gericht und Sachlage kann der Tagesreisepreis von 0 bis 100% gemindert werden. Falls Sie auf einem Landgang allerdings überfallen werden und den Reiseveranstalter dafür in die Pflicht nehmen wollen, heißt es: Das ist Ihr persönliches Lebensrisiko.
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von Solveig Michelsen