Schon beim Antipasto triffst du auf die zwei bekanntesten gastronomischen Erzeugnisse aus Friaul und Venetien: Prosecco und prosciutto. Der Schinken kommt aus dem Friaul, der berühmteste, mild-aromatische, aus San Daniele, der weniger bekannte, wunderbar rauchig-würzige aus Sauris in den Karnischen Alpen. Auch der Karst hat seinen Schinken. Der frische, trockene Prosecco stammt von den Weinhängen zwischen Conegliano und Valdobbiadene und wird gemixt mit Aperol und Mineralwasser zum Spritz, dem knallig orangefarbenen Ingetränk.
Zwischen 18 und 19 oder 20 Uhr ist die Zeit für den aperitivo. Da sitzen Jung und Alt, Businessleute und Bauern bei einem Glas Wein, Chips, Erdnüssen und ein paar Häppchen in den Bars und Straßencafés und läuten den Feierabend ein.
Abgesehen von Venedig, wo du genau wissen solltest, in welches Lokal du gehst, weil du ansonsten viel Glück oder Geld brauchst, kannst du eigentlich in jeder Osteria gut essen. Die Küche ist deftig, basiert an der Küste wesentlich auf Fisch und Meeresfrüchten und im Landesinneren auf Fleisch und Wild. Der gemeinsame Nenner beider Regionalküchen ist die Polenta, der gelbe, dampfende Brei aus Maisgrieß, der zu fast allem passt, zu Braten, zu Wild, zu geschmorten Tintenfischen, zu Pilzen und weichen Käsesorten. Pasta, im übrigen Italien so überaus beliebt, wird im Nordosten nicht ganz so wahnsinnig geschätzt, bis auf die bigoli, (dicke) Spaghetti im venetischen Dialekt, und im Friaul die Teigtaschen ciarsons mit unterschiedlichsten Füllungen. Statt Teigwaren gibt es viel öfter Risotto in allen möglichen Varianten, darunter risi e bisi (Reis mit Erbsen) oder Risotto mit dem leicht bitteren, roten Radicchio. Die verschiedenen Reissorten lernst du im Zentrum des venetischen Reisanbaus kennen.
Der Radicchio ist hier der Star unter den Gemüsesorten, vor allem der langblättrige aus Treviso (radicchio trevisano), der auch gerne gegrillt, jedenfalls fast immer warm gegessen wird. Als Salat wird eher der bei uns bekannte, rundköpfige Radicchio aus Chioggia zubereitet.
Eine weitere nordöstliche Gemeinsamkeit ist pasta e fagioli, eine Suppe aus dicken Bohnen und Teigstreifen. Im Alltag begnügt man sich freilich oft mit Bohnen- oder Graupensuppe (zuppa d’orzo). In Triest und im Karstgebiet ist der slawisch-österreichische Einfluss zu spüren, da heißt die typische deftige Suppe jota. In Görz füllt man Gnocchi aus Kartoffeln gern mit Pflaumen und bestreut sie mit Zucker, Mohn und heißer Butter.
Venedig ist die Stadt der Meerestiere: Krebse, Meerspinnen, Tintenfische, Venusmuscheln, Miesmuscheln und Jakobsmuscheln, in Weißwein gegart, überbacken, gegrillt, gratiniert. Im Podelta trifft man zudem auf Aal und am Gardasee mit Glück auf Renken und Karpfen. Auch Stockfisch, baccalà, ist im Veneto verbreitet. Fisch wird am liebsten in Öl gebacken (fritto misto di mare) oder ganz einfach auf den Grill gepackt – die beste Art, das pure Fischaroma zur Geltung zu bringen.
Auch im Friauler Binnenland ist Grillen angesagt, alle möglichen Fleischsorten, Würste, Innereien und Gemüse brutzeln auf dem fogolar, der offenen Feuerstelle mitten im Speiseraum, die viele Trattorien nach wie vor besitzen und die ein echtes Erlebnis ist. Bolliti, verschiedenes Kochfleisch in der Tradition der österreichischen Siedfleischgerichte, gibt es im ganzen Nordosten; in den Triestiner Buffets gesellen sich außerdem Gulasch und Schinken in Kruste dazu. Dazu isst man die salsa di cren, ein Mus auf Meerrettichbasis.
Dem prägenden Einfluss der Österreicher sind auch all die süßen Verführungen zu verdanken: fritole, in Öl ausgebackene, süße Teigbällchen, Palatschinken, Strudel, Buchteln. Der pandoro, ein luftiger Hefekuchen aus Verona, ist heute in ganz Italien verbreitet. Für Udine und das Friaul ist das Hefegebäck gubana typisch. Auf den sagre, den weit verbreiteten kulinarischen Dorffesten, werden all diese Spezialitäten aufgetischt, lecker und günstig.
Aus den Bergen kommen würzige Käse: der Asiago von der Hochebene von Asiago, der Montasio aus dem Friaul und der Monte Veronese aus den Lessinischen Bergen. Köstlich als Imbiss zwischendurch und fast schon Pflicht nach einem anstrengenden Aufstieg ist eine Käseplatte (tagliere di formaggio), mit je nach Ort verschiedenen lokalen Erzeugnissen als Appetithappen. Die Bergrestaurants stellen oft ihren eigenen Käse her – da entfallen Transportkosten und die Umwelt dankt es auch.
Da es in Venetien und Friaul praktisch kein Gebiet gibt, das nicht seine eigenen Weine hat, bleibt nur die Qual der Wahl. Mit den offenen lokalen Tischweinen bist du fast immer gut beraten und auch das einfache Glas am Bartresen ist hier meist besser als anderswo. Zum Kennenlernen empfiehlt sich der Besuch in einer der vielen Vinotheken. Im Sommer gibt es oft Weinverkostungen auf den Plätzen der Winzerorte, Ende Mai öffnen die Weinkeller zu Gratisführungen und Verkostungen und um den 10. August herum werden die richtig guten Tropfen zum Probieren ausgeschenkt (movimento turismovino.it). Aber auch Biertrinker werden im Nordosten Italiens glücklich. Im Trend liegen die microbirrifici, Kleinstbrauereien mit eigenem Ausschank und naturbelassenen, phantasievollen Biersorten. Mit einem Reinheitsgebot wie in Deutschland hat man hier nichts am Hut und braut munter aus Reis, Kastanien und was einem sonst noch so einfällt. Als Digestif dominiert in dieser Weingegend natürlich der aus Trester gebrannte Grappa, neben dem Sliwowitz längs der slowenischen Grenze.
Ein Wort noch zum caffè, also zum Espresso: In Triest – und nur hier – heißt er nero, mit capo ist der Cappuccino gemeint, den man hier aber in der kleinen Tasse bekommt. Möchte man mehr, bestellt man einen capo in b (gesprochen „kapo in bi“) also einen Cappuccino im Glas.
Stockfischmus auf gerösteten Brotscheiben
Gebratene, süßsauer eingelegte Sardinen
Dicke Spaghetti aus dem Veneto mit einer Sauce aus Sardellen
Typisch friulanische Ravioli, mit Fleisch, Ei, Käse und reichlich Kräutern gefüllt
Mit Tintenfischtinte schwarz gefärbter Reis mit Tintenfisch
Fischsuppe aus Grado, ohne Tomaten, dafür aber mit einem Schuss Essig
Stockfisch in Milch mit Zimt, Knoblauch und Käse
Kalbsleber mit Zwiebeln und Salbei
Klassischer Eintopf aus dem Friaul mit dicken Bohnen und Sauerkraut
Mit Zimt und Wacholder gewürzte Kochwurst aus Schweinebacke, -schwarte und -fuß mit in Trester gegorenen weißen Rüben
Würziges Geschnetzeltes aus mariniertem Pferdefleisch
Mit Kartoffeln und Zwiebeln in Schmalz knusprig gebratener Montasiokäse
Mit Rosinen, Mandeln und Nüssen gespicktes Hefegebäck
Mit Rosinen, Mandeln und Aprikosenmarmelade gefüllter Mürbekuchen aus Padua
Mürbeteigkuchen mit Mandeln