Mitunter befällt einen im Urlaub geografische Amnesie: In Miami sprechen die Südstaatler oft Spanisch und in Louisiana auch mal Französisch. Aber du bist noch immer in den USA, und der Süden hat auch kulinarisch längst zum Rest des Landes aufgeschlossen. Vor allem die Restaurants der vielen Fast-Food-Ketten sind nicht zu verpassen. Selbst im hintersten Winkel der Appalachen entkommst du ihnen nicht. Auch die family restaurants, erkennbar an ihren unübersehbar am Straßenrand angebrachten 5,99-Dollar-Preisschildern, haben nur eine Mission: den Hunger für eine Handvoll Dollar auszuschalten. Steaks, Sandwiches, Hamburger, Chickenwings und Pizza, dazu french fries (Pommes frites) und Salate mit french, blue cheese oder thousand island dressing: Das schmeckt mal ganz okay, aber schon bald fleht der Gaumen um Abwechslung. Und er wird erhört. Dass die Reise durch den Süden eintönig wird, verhindern nämlich die regionalen Küchen, die unter der Bezeichnung southern cuisine zusammengefasst werden.
Im Lowcountry, dem Küstentiefland um Charleston, haben tropische Temperaturen, afrikanische Einflüsse sowie Reis und Meeresfrüchte im Überfluss die Lowcountry-Küche hervorgebracht. Hier werden Hummer, Krabben und Shrimps verwendet, gekocht, gedämpft oder gedünstet und Zwiebeln, Erbsen und Tomaten dazugegeben. Gewürzt wird am liebsten mit Basilikum, Knoblauch, Cayennepfeffer und Tabasco. Die farbenfrohen Namen der Gerichte stammen oft von den Gullah, die als einzige Afroamerikaner die Erinnerung an den Schwarzen Kontinent bewahren konnten.
Verfeinerte Lowcountry-Gerichte begegnen einem inzwischen überall im Süden. Längst etabliert ist auch Soul Food. Der Begriff tauchte in den 1960ern in den Städten auf. Ähnlich wie in der Soulmusik sollte sich die Seele der Schwarzen auch in ihrem Essen widerspiegeln.
In ihrer Vielfalt ungeschlagen sind zwei regionale Küchen: Creole und Cajun. Beide entstanden um und in New Orleans, der alten Hafenstadt im Mississippidelta, in der Spanier, Franzosen, akadische Flüchtlinge und Sklaven aus Afrika sowie der Karibik ihre Spuren hinterließen.
Die Creole cuisine war einst die Küche der städtischen Oberschicht, die traditionell aus französischen Aristokraten bestand. Die Cajun cuisine wurde in den Sümpfen von den aus Nova Scotia (Neuschottland) stammenden Acadiens (später Cajuns) kreiert. Beide Gruppen sprachen Französisch, doch in der Küche trennten sie Welten. Die kreolische Küche präsentiert sich mit raffinierten Delikatessen wie Rockefelleraustern und Shrimpremoulade, während die Cajunküche mit Würsten, Reisplatten, Fleisch- und Fischeintöpfen aufwartet.
Zu beiden gehört das ebenso leckere wie preiswerte Po‘boy-Sandwich. Dafür wird ein krosses Baguette mit Fisch, Meeresfrüchten oder Fleisch, Salat, Tomaten, sauren Gurken und Majo belegt. Der Name leitet sich wohl von „poor boy“ ab, der alten Bezeichnung für die armen Farmer und Dockarbeiter rund um New Orleans. Absolut unwiderstehlich: ein New Orleans Shrimp Po‘boy mit knusprigen Shrimps und Remouladensauce.
Zur Cajun- und Creoleküche gesellt sich die ethnic cuisine, schließlich sind die USA auch ein klassisches Einwanderungsland. Keine Stadt ohne Sushi-Bar, kein Ort ohne guten Italiener, Mexikaner oder Chinesen. Und was ist mit der amerikanischen Küche? Sie hat Steaks und baked potatoes mit Sour Cream längst hinter sich gelassen und verblüfft den Urlauber aus Europa mit langen Büfetts, auf denen sogar gegrillter Barsch und blanchierter Brokkoli liegen. Unter Etiketten wie New American cuisine oder Regional cuisine zaubern talentierte junge Köche, die ihre Kenntnisse auf den immer beliebteren Culinary Schools und/oder auf Reisen in alle Welt erworben haben. Traditionelle amerikanische Rezepte werden mit exotischen Gewürzen verfeinert, asiatische und afrikanische Gerichte erhalten einen amerikanischen Twist.
Bei so großer Vielfalt ist allen jedoch eines gemein: die Verwendung von Biozutaten aus der Region und das weitestmögliche Vermeiden von Fett, Cholesterin und Zusatzstoffen. Selbst im Hinblick auf die uramerikanische Cholesterinbastion namens breakfast hat sich einiges getan: So gibt es neben Omeletts, Pancakes, Würstchen, Spiegeleiern mit Bacon und Bratkartoffeln nun auch Müsli, Cornflakes, Joghurt und Obstsalat. Und immer öfter sogar richtigen Kaffee!
Aber klar: Jeder USA-Reisende lässt unterwegs wenigstens einmal fünfe gerade sein, kehrt in einer klassischen Cholesterinbastion ein und bestellt genüsslich fettiges Junkfood.
Auch an einem zweiten, bislang besonders von Deutschen hämisch kommentierten Getränk wurde gearbeitet: Das amerikanische Dünnbier dominiert zwar noch den Markt, aber inzwischen gibt es immer mehr hervorragende Mikrobrauereien. Einheimische Weine kommen meist aus Kalifornien oder Oregon und sind längst über jeden Zweifel erhaben.
Bevor du dich auf kulinarische Entdeckungstour begibst, noch kurz die Gepflogenheiten in amerikanischen Restaurants: Man steuert nicht einfach auf einen Tisch zu, sondern wartet am Eingang auf die hostess, die einen zum Tisch bringt. Wait to be seated, heißt das. Es sei denn, du möchtest an der Theke sitzen, dann geht‘s auch ohne. Übrigens ist die hostess bestrebt, den auf Trinkgelder angewiesenen Kellnern die gleiche Anzahl Gäste zuzuweisen. Und nicht vergessen: Die Preise auf der Speisekarte gelten vor Steuern. Dazu kommen noch bis zu 25 Prozent an taxes (Steuern) und das Trinkgeld (tip). Für Letzteres rechnet man 15 Prozent vor Steuern.
gebratene und panierte Garnelen
Cremesuppe aus Krabbenfleisch und -rogen mit trockenem Sherry
gebackene Garnelen, serviert mit einer Butter-Knoblauch-Sauce
Auflauf aus Maisgrütze
Huhn- und Reisgericht mit Curry aus dem Lowcountry
gekochte Flusskrebse, angemacht mit Thymian, Tabasco, Cayennepfeffer, Sellerie
Eintopf mit Rauchenden, Bacon, Shrimps und Mais
Reisgericht mit Hühnerleber, grüner Paprika und Cayennepfeffer
Reiseintopf mit Shrimps, Tomaten, Zwiebeln, Sellerie und scharfer Boudin-Wurst
Reiseintopf mit Hühnchen, Andouille (Knoblauchwurst), Okraschoten und Gemüse
Reis- und Erbsengericht, variiert mit Bacon und Paprika
mit Streuseln und Zimt überbackene Pfirsiche
Kuchen mit Pecannüssen
Cocktailklassiker aus New Orleans mit Tequila und Johannisbeersaft
Cocktail mit weißem und braunem Rum, Grenadine, Orangenund Ananassaft