Einen Kinderwagen durch die Altstadt zu lenken ist schwierig: hohe Bordsteine, schmale Bürgersteige und Kopfsteinpflaster. Ansonsten kann sich Ihr Nachwuchs auf einen herzlichen Empfang freuen. Restaurants haben Angebote für Kinder, Einkaufszentren verfügen über Spielzimmer und Wickeleinrichtungen. Für größere Kinder gibt es in Tallinn eine Menge zu entdecken: das Mittelalter zum Beispiel, das beim Spaziergang über die Stadtmauer lebendig wird, oder das 19. Jh., das im Estnischen Freilichtmuseum ( Eesti Vabahõhumuuseum) durch kostümierte Handwerker anschaulich dargestellt wird. Die außerhalb gelegenen Strände eignen sich als große Sandkästen für Kinder aller Altersstufen.
Und da sind auch die Viertel Kadriorg und Pirita mit dem Barockschloss Katharinental und dem Kunstmuseum KUMU. Katharinental (Kadriorg) entstand, als Tallinn Teil des russischen Zarenreichs war und die russische Aristokratie der Zarenfamilie im Sommer nach Estland folgte. Am Meer ließ der Adel Sommerhäuser und Datschen errichten. Viele dieser Bauten sind erhalten und restauriert. Die viel älteren Handels- und Gildehäuser der Altstadt wurden zum großen Teil erbaut, als deutsche Kaufleute hier Handel trieben.
Die Altstadt mit ihren kopfsteingepflasterten Gassen, den gotischen Türmen und barocken Bauten ist ein Gesamtkunstwerk. Außerhalb der restaurierten Altstadt wirst du auch Straßenzüge sehen, in denen die sozialistische Ära näher erscheint. Denn graue Fassaden und die Plattenbauten des Viertels Lasnamäete gibt es noch.
Am beliebtesten sind die kleineren Häuser in der Altstadt. Dort ist es im Sommer – und ganz besonders vor populären Veranstaltungen wie den Altstadttagen – dringend angeraten, rechtzeitig zu buchen. Kleiner Trost, wenn’s doch nicht klappt: Weil Tallinn so übersichtlich ist, wohnen Sie auch außerhalb der Stadtmauern nicht wirklich abgelegen. Mit Bus und Straßenbahn geht es schnell in die Altstadt, auch zu Fuß ist es meist nicht weit ins Zentrum. Bis auf die absoluten Luxusadressen ist das Preisgefüge im Vergleich zu anderen Hauptstädten recht moderat. Sogar im Vier-Sterne-Segment wohnt man in der estnischen Hauptstadt deutlich günstiger als in anderen europäischen Metropolen. Zugleich haben sich originelle Hotelkonzepte etablieren können. Dazu gehört das funktionale und modern ausgestattete Budgethotel, das in allen Räumen Zugang zum Netz bietet – wie sollte es anders sein in der Hauptstadt des Landes, dessen Verfassung seinen Bürgern die Nutzung des Internets garantiert. Ausnahmslos verfügen die hier aufgeführten Hotels über draht- und kostenlosen Internetzugang. Auch die Sauna gehört als Teil der estnischen Alltagskultur fast überall zum Angebot und kann in der Regel von Hotelgästen kostenlos genutzt werden. Die Website des Tourismusbüros (www.visittallinn.ee) listet alle Hotels in Tallinn auf und ist auch mit deren eigenen Websites verlinkt.
Im Juni sinkt die Sonne erst kurz vor Mitternacht, um vier Uhr geht sie schon wieder auf – ideal, um die Nächte durchzufeiern. Auf der 2 km langen Promenade von Pirita treffen Nachtschwärmer, die ihren Kopf durchlüften, auf die ersten Jogger beim Frühsport.
Wenn die Nächte wieder länger werden, geht es vor allem an den Donnerstag-, Freitag- und Samstagabenden in Tallinns Bars und Clubs rund, der Freitag ist der Höhepunkt. Für eine Stadt dieser Größe gibt es sehr viele Kneipen und Clubs. Weil die meisten nahe beieinanderliegen, ist Tallinn das ganze Jahr über ein perfektes Pflaster für Bar- und Club-Hopping. Nur wenige Tallinner verbringen den ganzen Abend an einem Ort; der Szenenwechsel gehört dazu.
In der Regel beginnt die Abendunterhaltung am Wochenende mit einem Zug durch die Bars der Altstadt. Die sind während der Woche bis Mitternacht, am Wochenende ein paar Stunden länger geöffnet. Einige schließen konsequent erst, wenn der letzte Gast bezahlt hat.
Dort wird es erst nach Mitternacht interessant, getanzt wird am Wochenende bis 5 Uhr morgens. Und nicht immer ist es leicht, am Türsteher vorbeizukommen. Zieh also dein schickstes Outfit aus dem Koffer, bevor du auf die Piste gehst. Außer Kneipenzügen, Clubbesuchen im Morgengrauen und Nachtschwärmerfrühstücken vor Sonnenaufgang kannst du in der Hauptstadt natürlich auch ins Theater gehen. Sehr empfehlenswert sind außerdem Oper und Konzert.
Rauchen ist in Tallinn per Gesetz nur noch draußen vor der Tür erlaubt, nicht aber an Bushaltestellen, die zu öffentlichen Einrichtungen zählen. Häufig werden separate Raucherzimmer angeboten. Umgekehrt ist Alkoholkonsum im Freien verboten. Einheimische versorgen sich ergänzend mit alkoholischen Getränken aus Geschäften – für den Aperitif und Absacker daheim. Die Preise sind im Vergleich zu Mitteleuropa niedrig. Allerdings darf Alkohol nur bis 20 Uhr (am Hafen bis 22 Uhr) verkauft werden.
Europäische und amerikanische Filme werden im Original mit estnischen Untertiteln gezeigt.
Typische Mitbringsel wie Strick- und Leinenwaren, schöne Textilien fürs Heim, Keramik und bunte Babuschkas – die zwar eher russisches als originär estnisches Kulturgut repräsentieren, aber nicht nur bei Kindern auf Begeisterung stoßen – findest du in den wichtigsten Einkaufsstraßen Viru, Müürivahe, Kullassepa, Suur-Karja und Väike-Karja. Kleine Boutiquen gibt’s im Kalamaja-Viertel, das durch die Telliskivi Creative City, die riesige Markthalle und zuletzt durch die Revitalisierung der Werft Noblessner zu einem Publikumsmagnet außerhalb der Stadtmauer geworden ist. Hier erwarten dich originelle Geschäfte etwa für Naturkosmetik, Wohnaccessoires oder Designobjekte. Estnisches Design hat sich international einen Namen gemacht – nicht nur im Bereich der Inneneinrichtung und der Gebrauchsgegenstände, auch in der Mode.
Das Angebot an Antiquitäten wird vom russischen Erbteil geprägt. Suchst du einen Samowar oder Ikonen? In Tallinn hast du beste Aussichten, fündig zu werden. Zwischen echten Schätzen liegen Kisten voller sowjetischer Abzeichen und sonstiger militärischer Memorabilia. Für estnische Objekte, die vor 1945, sowie Gegenstände jeder Herkunft, die vor 1850 angefertigt wurden, brauchst du allerdings eine Ausfuhrerlaubnis. Sprich den Händler am besten darauf an.
Tallinns ambitionierte Köche verschmelzen internationale Einflüsse und einheimische Gerichte zu einer Art estnischer Nouvelle Cuisine, die auf regionale und saisonale Zutaten setzt und klassische Spezialitäten modern interpretiert. Traditionell kocht man in Estland deftig. Sauerkraut, Schweinebraten, Sülze und Blutwurst sind Klassiker, dazu gehören Kartoffeln. Diese Vorlieben sind auf Tallinns Vergangenheit als Hansestadt mit hohem deutschen Bevölkerungsanteil zurückzuführen. Auch die Sowjetzeit blieb für die Landesküche nicht folgenlos. Borschtsch, die Suppe aus Roter Bete, Ei, Buttermilch und Kartoffeln, wird ebenso in Ehren gehalten wie Blini, gerne mit Kaviar gefüllte Pfannkuchen. Berührungspunkte gibt es zudem mit der skandinavischen Küche. Preiselbeermarmelade verleiht deftigen Speisen eine süße Note. Fisch, vor allem Hering und Strömling, wird kreativ zubereitet, etwa als Heringsparfait zum Dessert.
Viele Restaurants sind mit Bars oder Lounges kombiniert und federn so den Übergang zwischen Abendessen und Clubbesuch ab.
Wenn die Tallinner schick ausgehen, entscheiden sie sich zumeist für ein klassisches Menü aus drei Gängen à la carte. Doch es wird sich niemand daran stören, wenn du nur einen Gang wählst – oder nur eine Vorspeise. Auch Vegetarier werden meist fündig auf der Karte; zudem gibt es vegane Restaurants.
Wein ist überall verfügbar, auch wenn die Esten im Herzen Biertrinker sind – mit sehr guten heimischen Bieren. Bevorzugte Sorten sind A. le Coq Premium und Saku Originaal. Craft Beer ist äußerst populär. Die Brauerei Põhjala (englischsprachige Führungen Mo–Fr 15, Sa/So 13 Uhr, Anmeldung empfohlen | Peetri 5 | pohjalabeer.com) stellt Biere wie „Aurora Borealis India Pale Ale“ und „Prenzlauer Berg“ her. Insgesam 72 Brauereien gibt es in Estland, in Tallinn brauen auch Kneipen und Gastro-Pubs eigene Biere.
Eine weitere große Leidenschaft der Tallinner ist der Cafébesuch. Insbesondere in der Altstadt gibt es zahlreiche Gelegenheiten dazu.
Jogger haben in Tallinn viele schöne Strecken zur Auswahl. Am Meer entlang führt der Uferweg. Ideal sind auch die 2 km lange Uferpromenade Pirita Tee in Pirita, das Estnische Freilichtmuseum und der Glehn-Park in Nõmme.
Hast du Lust, in Loipen langzulaufen? In Nõmme gibt es die Skilanglaufstrecke des Nõmme Sport Centre (mit Skiverleih | Külmallika 15 A | Tel. 6 71 85 41 | sportkeskus.ee). Auch in Pirita sind im Winter alle Loipen gespurt. Wo du im Sommer laufen und radeln gehst, gleitest du im Winter durch den verschneiten Pinienwald – oder fährst auf der Eisbahn Schlittschuh (knapp 20 Busminuten von der City | Linie 5 bis Lükati tee). Skiverleih und Unterricht gibt’s im Pirita Sport Center (Rummu tee 3 | Tel. 6 23 91 48 | piritaspordikeskus.ee). Der Sängerfestplatz verwandelt sich bis Mitte März in eine Schneelandschaft mit Pisten und Eisbahn.
Die Stadt vom Meer aus erleben: Dreibis vierstündige Kajaktouren in der Bucht von Tallinn bietet 360 Degrees (Juni–Aug. diverse Termine | ab 39 Euro | Anmeldung unter Tel. 56 86 46 34 oder per E-Mail unter raimo@360.ee | 360.ee). Ebenfalls im Programm: dreieinhalb- bis vierstündige Kanutouren auf dem Fluss Keila (ungeführt 30 Euro, mit Guide 40 Euro).
Wenn du sehen willst, wie besonnene Esten in (maßvolle) Wallung geraten, kaufst du dir ein Ticket für 5 Euro für ein Spiel des Erstligisten und estnischen Rekordmeisters Flora Tallinn (Tel. 6 27 99 40 | fcflora.ee) in der A. Le Coq Arena (2 km südlich des Zentrums zwischen den Straßen Kotka und Tehnika | Asula 4c | am besten per Taxi oder ab Vabaduse väljak mit Bussen 5, 18, 20a und 36 bis Väike, dann 1 km Fußweg bis zur Arena).
Wellness wird in Tallinn großgeschrieben. Vom kleinen City-Spa bis zum riesigen Wellnesstempel ist alles zu finden. Sehr groß, aber nüchtern ist das nördlich der Stadt gelegene Viimsi Spa (Eintritt 11 Euro, ab 15 Uhr 13 Euro, Wochenende 20 Euro | Randvere tee 11 | Tel. 6 06 11 60 | spatallinn.ee) – mit Meerwasserschwimmbad, Thalasso-Spa und Anwendungen aus aller Welt (60 Min. Thai-Massage 50 Euro). Im Kalev Spa (Sept–Mai Mo– Fr 6.45–22.30, Sa/So 8–22.30 Uhr, Juni–Aug. Mo–Fr 6.45–21.30, Sa/So 8–21.30 Uhr | Eintritt gestaffelt nach Wochentagen und Uhrzeit, für 1,5 Stunden Erw. ab 10 Euro, Kinder ab 7 J. ab 8 Euro | Aia 18 | Tel. 6 49 33 50 | kalevspa.ee) befindet sich einer der größten Wasserparks des Landes mit mehreren Pools und vier Wasserrutschen. Du kannst dort auch eine Massage oder Beautybehandlung buchen. Gönn dir eine wohltuende einstündige Wüstensandmassage für 55 Euro.
Schön ist das Olive Spa (Narva mnt. 59 | Tel. 55 56 59 38 | olivespa.eu) in Kadriorg, wo es neben Massagen (60 Min. ab 35 Euro), Wellnessund Beautybehandlungen auch einen türkischen Hamam gibt. Saunafans schwitzen in einer estnischen holzbeheizten Sauna wie Kalma Saun (Mo– Fr 11–22, Sa/So 10–23 Uhr | Eintritt 8,50–10 Euro | Vana-Kalamaja 9A | Tel. 6 27 18 11 | kalmasaun.ee).