Und sie hatten recht, denn die Qualität des kulinarischen Angebots auf der Insel ist nach wie vor exzellent. Jörg Müller, 1988 der erste Sternekoch auf Sylt, hat es vorgemacht, als er seinen Stern 2014 von sich aus abgab: Auch jenseits von Auszeichnungen gibt es eine bezahlbare Küche auf Spitzenniveau. In seinem Restaurant demonstriert er das täglich aufs Neue. Und für Sternejäger gibts ja immer noch Jan-Philipp Berner im Söl’ring Hof in Rantum, Holger Bodendorf im Tinnumer Landhaus Stricker und Felix Gabel im Kai 3 im Hörnumer Hotel Budersand.
Die meisten Sylturlauber kennen ohnehin eher die anderen rund 300 gastronomischen Betriebe, die ihren Gästen ein verlockendes Ganztagsangebot machen. Zu diesen Verführern gehören die Imbissbuden des Fischkönigs Jürgen Gosch ebenso wie die zahlreichen Strandhütten und die vielen gutbürgerlichen Restaurants, von denen jeder Ort mehrere zu bieten hat.
Das große Angebot verhindert leider nicht regelmäßige Engpässe in der Hochsaison. Reservierung ist bei den guten Restaurants nicht nur ratsam, sondern notwendig. Trotzdem hält sich – zumindest in der Saison – vielerorts die üble Sitte des Schichtessens, worunter gelegentlich die Qualität von Service und Küche leidet: Hat man das Glück, einen Tisch um 18 Uhr zu ergattern, wird man gleich darauf hingewiesen, um spätestens 20 Uhr müsse man aber fertig sein. Doch auch diese Reservierung gilt oft nur bis 21.30 Uhr, danach speist in vielen Lokalen dann noch die dritte Schicht. Die Gastronomen begründen diese Form der organisierten Ungemütlichkeit mit den geringen Einnahmen im Winter.
Meeresgetier ist überall der große Renner – man urlaubt ja schließlich mitten im Meer –, doch ist es eine Illusion zu glauben, Sylter Fischer würden den Frischfisch in List oder Hörnum anlanden. Nur wenige Hobbyangler bescheren vereinzelten Restaurants echten Sylter Fisch. Ein Produkt, das mit 100-prozentiger Sicherheit von der Insel stammt, ist dagegen die Auster Sylter Royal die man roh, gebacken, gegrillt, paniert oder geräuchert verzehrt. Übrigens: Wenn „Wildaustern“ auf der Karte stehen, dann sind das die Nachkommen von Flüchtlingen aus den künstlichen Austernbänken. Seezungen, Schollen, Miesmuscheln und Krabben kommen zum großen Teil ebenfalls aus der Region. Auch der hier und da als „Sylter Meeräsche“ angebotene, sehr schmackhafte Fisch trägt seine Herkunftsbezeichnung völlig zu Recht. Die Nordseegarnele kommt in der Krabbensuppe, auf dem Krabbenbrötchen, als Beilage zur Scholle oder als Krabbenbrot (mit Spiegelei) auf den Tisch. Von September bis April wird im Hörnumtief die Miesmuschel geerntet. Am besten schmeckt sie in Gemüse- oder Weißweinsud, den man mit Brot „aufstippt“.
Viele Restaurants haben sich auf norddeutsche Küche spezialisiert: Wildente, Deichlamm, Steinbutt, Matjeshering und Angeldorsch oder zum Nachtisch rote Grütze finden sich auf zahlreichen Speisekarten. Verstärkt bemühen sich viele Sylter Gastronomen auch darum, sich die Rohstoffe für ihre Gerichte direkt vor der Tür oder zumindest aus der nordfriesischen Region zu besorgen.
Das Ambiente vieler Gaststätten entspricht oftmals dem Klischee „friesisch“ in seiner liebenswürdigsten Form: gemütliche Stuben mit Fliesenwänden, maritimes Dekor und blank geputztes Messing, wohin man schaut. Wer damit nichts anfangen kann, sei getröstet: Die Einrichtung vieler Restaurants interpretiert das Maritime anders: hell und klar, modern und luftig – ganz so, wie sich auch die Landschaft draußen präsentiert. Wer möchte, kann schon morgens mit dem Schlemmen beginnen. Freiluft-Frühstück mit schönen Ausblicken oder in einem herrlichen Garten bieten z. B. die Kupferkanne in Kampen, das Café Ingwersen in Morsum, das Strönholt in Hörnum, Nielsens Kaffeegarten auf dem Keitumer Kliff und das Badezeit an der Westerländer Promenade.
Das Spiel „Schlemmen und Schauen“ funktioniert tagsüber besonders gut in der Friedrichstraße in Westerland, wo sich Straßencafés, Bistros, Imbisse und Lokale mit Fisch-Fast-Food aneinanderreihen. Etwas nobler, aber im Prinzip ähnlich geht es im Kampener Strönwai zu. Hier korrespondiert das Leben auf den Terrassen im Sommer allerdings mehr mit dem Strandleben und folgt festen Rhythmen: am späten Vormittag ein kleines Frühstück oder ein Proseccoimbiss, spätnachmittags dann ein Gläschen Champagner und ein paar Snacks. Eine sylttypische Besonderheit stellen die mehr als 20 „Holzbuden“ in den Dünen dar, die in rustikalem, strandnahem Ambiente ein recht großes kulinarisches Spektrum abdecken: von Wonnemeyer am Lister Weststrand über das Kaamps7 in Kampen, das Twisters in Wenningstedt, das Bistro S-Point nördlich und die Strandoase südlich von Westerland bis zur Strandmuschel in Rantum und zu Tadjem Deel zwischen Rantum und Hörnum, wo das Breizh überm Weststrand thront.
Roh gereicht, dazu Schwarzbrot mit Chester
Auf der Basis von Krabbenfond legiert, mit reichlich Krabben drin
Mit Kassler, Kohlwurst und geräucherter Schweinebacke, dazu karamellisierte Bratkartoffeln
Vom Sylter Salzwiesenlamm, dazu Gemüse der Saison und Bratkartoffeln
Stampfkartoffeln, dazu gepökeltes Rindfleisch, Rote Bete, Gewürzgurken, oben drauf ein Spiegelei und Bismarckhering
In der Schale in Weißwein-Gemüse-Sud gedämpft, dazu Baguette
mit Speck gebraten, dazu Salzkartoffeln
Gebuttertes Schwarzbrot mit reichlich Krabben, getoppt von zwei Spiegeleiern
Mit Grießklößchen und Apfelspalten
Zwei Blätterteigböden, dazwischen Pflaumenmus und Schlagsahne
Aus roten Beeren mit flüssiger Sahne
Aquavit (Kümmelschnaps)
Kaffee mit Rum und Sahnehaube
Heißer Kakao mit einem Schuss Rum und Sahnehaube
Heißer Rotwein mit Rum
Schwarzer Tee mit Köm und Kandis