Bevor es mit dem Essen richtig losgeht, wird gerne ein Aperitif getrunken und pikant genascht: wunderbar fleischige Oliven aus den Marken, die olive ascolane, die gefüllt und kross frittiert werden, eingelegte Sardinen auf Spießchen, Tintenfischringe und alles, was nicht schnell genug weggeschwommen ist. Aber auch Salamischeiben, Käsewürfel, Erdnüsse und Kartoffelchips sind beliebt. Vorsicht, die Gefahr ist groß, sich dran satt zu essen. Das wäre nicht nur schade, weil das Beste erst noch kommt, sondern auch ein Fauxpas.
Bei so viel Küste, sind natürlich Fisch und Meeresfrüchte die Stars auf der Speisekarte. In Triest mag man gern sauer eingelegte Sardinen und Sardellen, im Lokalsprech sardoni in savor, in Comacchio Aal (anguilla) aus der Lagune und in Portonovo wilde Miesmuscheln. Fast jede Adriastadt hat eigene Rezepte.
Es beginnt bei der Fischsuppe (brodetto di pesce), die in Grado mit einem Schuss Essig gewürzt wird, dafür kommen keine Tomaten hinein wie im Süden üblich. Und es endet beim Stockfisch, der getrocknet aus Norwegen importiert wird und in allen möglichen Varianten auf den Tisch kommt. Im Fischrestaurant seines Vertrauens bestellt man als Vorspeise crudi („Rohes“), z. B. naturbelassene Austern oder Carpaccio aus rohem Edelfisch. Als Hauptgang wird Fisch gern gegrillt. Beilagen muss man im Restaurant extra dazubestellen.
In Triest begegnen dir Hauptgerichte österreichisch- ungarischen Ursprungs wie Gulasch oder Kalbshaxe. Sonst kommt Fleisch gern als tagliata di manzo (kurz gebratenes, in Streifen geschnittenes Rindfleisch) auf den Tisch, als scaloppine (Kalbsschnitzel mit Zitrone oder Pilzen) oder als carne alla griglia, Fleisch vom Grill. In der Romagna, in den Marken und in den Abruzzen wirst du auch auf Lamm (agnello) und Kaninchen (coniglio) stoßen. Würste und Salami werden zum sonnenverwöhnten Süden hin immer pikanter – zur besseren Haltbarkeit würzt man sie mit peperoncino. Wenn du gefragt wirst, ob ein Gericht piccante sein darf, wappne dich also. Oder sag un po’, ein bisschen.
Im Urlaub sind auch die Italiener relaxter, was feste Essenszeiten betrifft, und gönnen sich zwischendurch Snacks. Als kleine Stärkung isst man in der Romagna beispielsweise piadina, einen dünnen Fladen, den man überall – in Bars, an Straßenständen, in Badeanstalten – auf die Hand bekommt. Er besteht aus einem Teig aus Mehl, Wasser und Schweineschmalz, wird auf einem heißen Blech knusprig gebacken und herzhaft mit Käse und Schinken oder auch süß mit Nutella gefüllt. Eine Hochburg der piadina ist Cesena; hier findet auch jedes Jahr Ende September/ Anfang Oktober das Festival des mediterranen Streetfood (cibodistrada.com) statt, mit jeder Menge Imbissständen.
Ein erfrischender Sommerimbiss ist süße Honigmelone mit rohem Schinken, den es aus dem Hinterland von allerbester Qualität gibt, z. B. den prosciutto di San Daniele aus dem Friaul, den prosciutto di Parma aus der Emilia-Romagna und den prosciutto di Carpegna aus den Marken. Jede italienische Familie hat beim Strandausflug genug davon für ein ganzes Festmahl in der Kühltasche. Auch Obst wird reichlich mitgeschleppt.
Wenn der Magen schon richtig knurrt, kommt ein Teller Pasta mit frischen Tomaten, duftendem Basilikum und Olivenöl gerade recht. Die Italiener verzichten auch bei heißen Temperaturen nicht auf ihre geliebten Nudeln, allerdings mit leichteren Saucen. Sahne kommt sowieso nie in einen guten sugo, dafür viel frisches Gemüse. Ein sommerliches Pastagericht sind Spaghetti alle vongole oder alla marinara, also mit Venusmuscheln oder Meeresfrüchten. Pasta mit Fisch ist auch im Süden sehr verbreitet; dort gibt man stattdessen auch gern Hülsenfrüchte wie dicke Bohnen, Linsen oder Kichererbsen dazu.
Für ein Stück Käse ist immer noch Platz im Magen. In den richtig guten Restaurants kommt der Kellner mit dem carrello an den Tisch und du wählst aus zwischen den würzigen Kuhmilchsorten Montasio und Asiago aus den Bergen des Nordostens sowie dem körnigen Parmigiano-Reggiano, dazu Pecorino aus Schafsmilch, den es in unzähligen Aroma- und Reifevarianten vor allem in den Marken und in den Abruzzen gibt. Zum würzigen Käse passt die Süße frischer, reifer Feigen.
Als süßen Nachtisch wählt man Mürbeteigkuchen (crostata), Puddingspeisen wie Pannacotta und Tiramisu oder – für alle, die schlank bleiben wollen – frischen Fruchtsalat (macedonia).
Im Hinterland der Adria liegen Hügel voller Weinberge. Aus dem Collio im Friaul kommen die besten Weißweine Italiens: Verduzzo Friulano, Pinot Grigio, Ribolla Gialla und viele mehr. Weltbekannte, süffige Tafelweine stammen aus dem Veneto: Valpolicella, Bardolino, Soave oder der spritzige Prosecco. Die Romagna wartet mit dem gehaltvollen roten Sangiovese oder leichtem weißen Trebbiano auf.
Die Regionen Abruzzen und Marken sind international immer mehr als Weinanbaugebiete angesagt: Der weiße Verdicchio dei Castelli di Jesi ist nicht nur in ganz Italien bekannt und ein guter Begleiter zu Fisch. Erfolgreiche Wiederentdeckungen sind die Rebsorten Pecorino und Passerina, die frische, leichte Weißweine ergeben, und der Lacrima, ein besonders duftiger Rotwein, der nur in und um Morro d’Alba im Hinterland von Senigallia gekeltert wird.
Zum Abschluss eines Menüs serviert man im Restaurant häufig Anisschnaps oder Grappa, in den Marken vorzugsweise einen Varnelli oder Meletti aus Ascoli Piceno.
Marinierter Aal
Gebratene und süßsauer eingelegte Sardinen
Mit Fleisch gefüllte, panierte Oliven
Stockfischmus auf geröstetem Brot
Mit Frischkäse und Spinat gefüllte Teigtaschen
In heißer Brühe servierte Teigtaschen mit Fleischfüllung
Mit Kürbis gefüllte Teigtaschen
Die typische, kantige Spaghettisorte der Abruzzen, serviert mit einer Sauce aus Tomaten und Lammfleisch
Nudelauflauf mit Béchamelsauce
Tintenschwarzes Risotto mit Tintenfisch
Reis mit Erbsen
In Butter gebratene Kalbsleber mit Salbei und Zwiebeln
Frittierte Tintenfischringe, kleine Fische und Krebse
Kaninchen mit Paprika und Oliven
Mit Mandeln, Nüsseln, Pinienkernen und Rum gefüllter Blätterteig – eine Spezialität aus Triest
Mit Likör beträufelte Löffelbiskuits, Schokoladencreme und kandierte Früchte
Frittierte, in Honig karamellisierte Teigbällchen