Wer unterwegs auf Ischia die Ohren spitzt und den Leuten im Alltag zuhört, bekommt das Gefühl, als drehte sich bei ihnen im Leben alles nur ums Essen. „Was isst du heute?“ und „Was hast du gestern gegessen?“ hört man ständig, und eine plötzlich entdeckte gemeinsame Vorliebe für eine neue Pizzeria oder einen Teller Nudeln mit Bohnen (pasta e fagioli) kann die Einheimischen dermaßen ins Schwärmen bringen, dass einem allein vom Zuhören das Wasser im Mund zusammenläuft.
Was essen die Ischitaner denn nun? Das Frühstück fällt meist mager aus: Zum cappuccino oder caffè gibt es, wenn überhaupt, in der Bar ein Croissant (cornetto) oder eine Brioche aus Hefeteig. Dafür werden beim Mittagund beim Abendessen mehrere Gänge aufgefahren. Grundsätzlich gilt: Wer mittags einen Hauptgang isst, entscheidet sich abends nur für den primo, den ersten Gang, oder umgekehrt. Ein Festmenü dagegen besteht aus Vorspeise (antipasto), einem ersten Gang, also einem Nudel- oder Reisgericht, dem Hauptgang (secondo) mit Fleisch/Fisch und Gemüse/Salat und einem Dessert (dolce). Für Italiener ist es übrigens ganz normal, dass das Gedeck mit Brot extra berechnet wird.
Ischitaner setzen auf regionale Zutaten, und viele Restaurants werben mit Gemüse und Obst „a km zero“ – aus lokalem Anbau. Frag den Kellner unbedingt stets nach dem Tagesgericht, je nach Saison ändert sich das Menü. Im Frühsommer schmecken wilder grüner Spargel (asparagi verdi) oder Artischocken (carciofi) einfach köstlich, genau wie frische Erbsen (piselli) im Sommer. Ebenso die weißen Bohnen fagioli spollichini oder Saubohnen (fave), die ordentlich gepfeffert und zusammen mit Olivenöl besonders gut roh schmecken.
Im frühen Herbst bekommst du auf einem Spaziergang durch die Mischwälder am Monte Rotaro Lust auf frische Pilze: Frag dann im Restaurant nach Tagliatelle mit Steinpilzen (ai funghi porcini) oder Gerichten mit Kaiserling (ovolo buono) oder Parasol (mazze di tamburo). Länger ist die Saison dagegen für Brokkoli, Auberginen (melanzane), Zucchini und Mangold (bietola) – und das ganze Jahr über gibt es, wenn auch nicht aus lokalem Anbau, den würzigen und typisch neapolitanischen Stängelkohl friarielli. Salsicce e friarielli, Schweinswürste mit Stängelkohl, wird vielleicht auch dein Lieblingsgericht, die Ischitaner jedenfalls sind ganz verrückt danach.
Aus der guten alten Bauernküche stammen Gerichte mit kleinen, grünen Schnecken (maruzze) – eine nicht einfach zu findende, echte Delikatesse. Das absolute Highlight der ischitanischen Küche ist aber der Kaninchenbraten: Das coniglio alla cacciatore (Kaninchen nach Jägerart) wird mit Knoblauch und kleinen Pfefferschoten angebraten, mit Weißwein abgelöscht und für etwa eine Stunde in seinem Sud mit einer Vielfalt an frischen Kräutern gegart.
Pesce azzurro heißen fangfrische kleine Fische (Heringe, Sardinen), zu denen auch die köstlichen Sardellen (alici) zählen. Goldbrasse (orata) und Seezunge (sogliola), Miesmuscheln (cozze) und Venusmuscheln (vongole veraci) stammen meist aus Aquakulturen. Meerbarbe (triglia), Krake und Tintenfisch (polpo, calamaro, seppia) dagegen aus freiem Fang.
Der Mozzarella aus Büffelmilch für die beliebte insalata caprese kommt vom Festland, ebenso wie die beliebten Käsesorten provolone, scamorza oder der Schafskäse pecorino. Manch ein Restaurant bietet Letzteren mit einer hausgemachten Orangen- oder Zitronenmarmelade an.
Kein Festgelage endet ohne sie: Süße Köstlichkeiten gehören zum Dolce Vita auf Ischia dazu. Nichts geht über eine ofenfrische Mürbeteig- oder Blätterteigtasche (sfogliatella frolla oder riccia) mit einer gesüßten Ricottafüllung. Reich ist die Auswahl an Kuchen und süßen Teilchen, überall gibt‘s einen Obstkuchen nach Großmutters Art (torta della nonna), und im Frühjahr ist der Osterkuchen pastiera mit einer körnig-cremigen Weizenfüllung ein Muss. Für die Ischitaner sind auch zuckersüße, cremige Torten ein Hochgenuss.
Zu einem italienischen Essen gehört ein guter Rebensaft. Ischias aus Vulkanerde gewachsene Weine können richtig überraschen, so erlesen ist heute die reiche Auswahl an lokalen Rot- und Weißweinsorten. Weiß dominiert ganz klar: leicht, trocken, würzig und strohgelb kommen die Spitzenweine daher. Sie heißen Forastera und Biancolella und sind ein Gedicht nicht nur zu Fisch. Kein Wunder also, dass es ein Biancolella- Wein (Kalimera) in die Top 50 der besten Weine der Welt geschafft hat. Der preiswertere Ischia Bianco ist mit seinem leicht harzigen Aroma dagegen ein Sommerrenner.
Ausgesuchte Rotweine sind der blumige Don Alfonzo und der köstliche, Per’e Palummo („Taubenfuß“) genannte Piedirosso. Zwischendurch kannst du dir auch einen möglichst jungen Ischia Rosso servieren lassen. Diese Weine tragen alle das Prädikat DOC (Denominazione di origine controllata), sie sind staatlich anerkannte Qualitätsweine.
Am Ende eines genussvollen Essens muss er kommen, der eisgekühlte Likör. Auch hier hast du die Qual der Wahl: Der Limoncello wird mit Zitronenschalen angesetzt, der Rucolino mit Rauke, der Nocino mit Nüssen. Etwas ganz Besonderes ist aber der Likör aus Basilikumblättern namens liquore di basilico.
Egal, ob es dann schon Mitternacht ist, das Ende kommt immer klein und schwarz: Zum Schluss trinken viele Ischitaner gerne noch einen caffè, einen Espresso.
In Zitrone marinierte, rohe Sardellen
Kleine Kraken in Tomatensud
Geröstetes Brot mit rohem Schinken, Mozzarella, Tomate, Blattsalat und Mayonnaise
Paniertes, in Olivenöl frittiertes und mit Mozzarella gefülltes Sandwich
Mit schwarzen Oliven, Rosinen und Pinienkernen gedünstete Endivienblätter, in Pizzateig gebacken
Nudeln mit Saubohnen und Miesmuscheln
Bandnudeln mit Meeresfrüchten, Tomate, Knoblauch und Petersilie
Kartoffelteignocken mit Tomaten, überbacken mit scamorza-Käse
Mit Knoblauch und Chili gedünsteter Stängelkohl mit Schweinswurst
Mit Parmesan überbackener Gratin aus Auberginenscheiben, Mozzarella und Tomatensauce
Kaninchen nach Jägerart
Tintenfisch mit Kartoffeln gekocht
Im eigenen Saft gedünstete Miesmuscheln mit Zitrone, Petersilie und frisch gemahlenem Pfeffer
Mandelkuchen
Blätterteigteilchen mit einer Füllung aus Ricotta, kandierten Früchten, Vanille und Zimt
Mit Rumsirup getränkter Kuchen