Die Mehrheit der Hongkonger sind Kantonesen, und deren Küche ist die Königin aller Regionalküchen Chinas. Lästerzungen behaupten zwar, die Kantonesen äßen alles, was vier Beine hat, außer Tischen, alles, was schwimmt, außer Schiffen, und alles, was fliegt, außer Flugzeugen.
Und sicher, Hühnerfüße und Qualle mögen nicht jedermanns Sache sein. Die Meisterschaft im Verwenden selbst ungewöhnlichster Zutaten sorgt aber auch für eine faszinierende Vielfalt auf der Speisekarte, die die Hongkonger Köche um immer neue Kreationen bereichern. Vor allem frisch muss alles sein. Hühner werden meist beim Kauf geschlachtet, Meerestiere schwimmen im Bassin, bis der Gast bestellt.
Der natürliche Geschmack der Zutaten soll zur Geltung kommen. Erreicht wird das auch durch die Zubereitungsarten – kurzes, scharfes Braten oder Dünsten – und den sparsamen Einsatz von Gewürzen.
Einer übernimmt beim Bestellen die Regie, denn die Kellner fragen nicht jeden am Tisch einzeln. Ihr solltet euch daher schon vorab einigen, welche Gerichte gewünscht sind. Fast alle bedeutenderen Restaurants haben englische Speisekarten, oftmals farbig bebildert, ansonsten findet sich meistens auch ein hilfsbereiter Kellner, sofern das Lokal nicht zu voll ist. Bei den meisten Restaurants solltet ihr zeitig einen Tisch reservieren. Zu den Hauptessenszeiten – mittags etwa ab 12.30 Uhr, abends ab 18.30 Uhr – sind sonst längere Wartezeiten unvermeidlich.
Was bestellen? Gewöhnlich rechnet man ein Gericht mehr, als Esser da sind, und wählt aus verschiedenen Kategorien – Ente, Huhn, Schwein, Garnelen, Fisch und so weiter –, dazu eine Suppe. Bei dem großen Angebot an Meeresfrüchten könnt ihr euch auch eine rein maritime Tafel zusammenstellen. Nie verkehrt liegt man mit Schwein und Geflügel. Und sehr lecker ist gebratene Ente; man stippt sie in süßliche Pflaumensauce. Wer die Tiere lieber leben lässt, findet hervorragende vegetarische Gerichte, oft mit erstaunlichen Imitationen von Fisch und Fleisch.
Die größte Attraktion sind freilich die Dimsum (dim sum, sprich: dimßam). Das ist kein Gericht, sondern der essbare Part von yam cha, der kantonesischen Teekultur. Von frühmorgens bis nachmittags werden in den Teehäusern und Restaurants kleine Köstlichkeiten zum Tee serviert – mit Garnelen oder Schweinefleisch gefüllte Teigtaschen, Rippchen in Pflaumensauce, mit Lotoskernpaste gefüllte, frittierte Bällchen und Dutzende anderer „Herztreffer“, wie dim sum übersetzt heißt. In manchen Läden werden sie auf Büfettwagen durch die Tischreihen geschoben, woanders sind sie auf Bestellzetteln anzukreuzen. Wenige Hongkong-Erlebnisse sind so beeindruckend und authentisch, wie an einem Sonntagmittag yam cha („Tee trinken“) zu gehen, wenn ganze Familien die oft riesengroßen und aufwendig dekorierten Teehäuser bevölkern und ein Heidenlärm herrscht. Ohne Reservierung musst du allerdings mit Wartezeiten rechnen – und zwar überall. Idealerweise habt ihr auch noch einen Hongkongchinesen dabei, der beim Bestellen hilft und erklären kann, was da auf den Tisch kommt.
Von der Vielfalt bester Zutaten und dem hohen kulinarischen Standard profitieren in Hongkong auch die anderen Regionalküchen Chinas: Die Pekinger Küche glänzt mit Pekingente, Feuertopf und Teigspeisen, die ostchinesische Küche aus Shanghai und Hangzhou steht für durchweg etwas kräftigere Gerichte (teils mit Teeblättern aromatisiert). Für Sichuan sind scharf gewürzte Speisen typisch, gern mit Chili und Sichuanpfeffer. Letzterer fügt den vier bekannten Geschmacksrichtungen einen fünften hinzu: betäubend. Manchmal findet sich der Sichuanpfeffer in Form kleiner dunkler Knospen noch im Gericht (wenn er vorm Servieren nicht wieder entnommen wurde). Man darf sie auf keinen Fall zerbeißen! Aber keine Panik: Die Hongkonger lieben’s eher milde, da mussten sich die hiesigen Sichuanköche doch anpassen.
Nicht zu vergessen ist noch die Chaozhou- Küche mit ihren gern auch deftigen Speisen. Ihr vielleicht populärstes Gericht ist das Austernomelette. Berühmt – und ziemlich teuer – sind die Vogelnester von südostasiatischen Höhlenschwalben, die üblicherweise zu einer Dessertsuppe verarbeitet werden. Die Nester bestehen aus dem verhärteten Speichel der Vögel. Ebenso denkwürdig, aber erschwinglicher ist der starke, bittere Chaozhouer Verdauungstee, der aus winzigen Tässchen getrunken wird – gewissermaßen die Teevariante vom Espresso.
Für Hongkongs kulinarische Vielfalt sorgen auch ausländische Küchen. Bei Indern und Indonesiern kommen die Curryfreunde, bei Koreanern und Thais die Chilifans auf ihre Kosten, bei den Japanern die Liebhaber von frischen Zutaten und rohem Fisch.
In Hongkong europäisch essen zu gehen, ist nicht nur etwas für Heimwehgeplagte, denn viele Küchenchefs haben sich hier von den andersartigen Zutaten und Zubereitungstechniken zu neuen Kreationen inspirieren lassen. Allerdings liegen die Preise oft auf gehobenem europäischem Niveau.
Auch abseits der Hotspots wirst du kaum eine Straße ohne Restaurant finden. Die teureren Lokale liegen meist auf der Insel, denn dort wohnt die zahlungskräftigere Klientel. Wo es billiger wird (besonders außerhalb des Kartenausschnitts), sind die Lokale kaum auf Gäste eingestellt, die kein Chinesisch können. Ausnahmen gibt es natürlich immer wieder.
Das ideale Getränk zu kantonesischem Essen ist Tee – vor allem unfermentierter grüner und halbfermentierter Wulong- Tee sowie der etwas erdig schmeckende, schwarze Pu’er-Tee. (Die Blätter werden zweimal neu aufgebrüht.) Man trinkt ihn von früh bis spät. Das Weinangebot ist in den chinesischen Restaurants oft mager. Da liegt man mit Bier schon richtiger, vor allem bei den kräftigeren Speisen der anderen Regionalküchen. Eine Erfrischung unterwegs sind frisch gepresste Säfte von den Obstständen sowie gekühlte Sojamilch (als „Vitasoy“ im Handel).
Manche speziellen Lokale widmen sich komplett den Süßspeisen – seit ein paar Jahren der große Trend vor allem bei der jüngeren Generation. Dabei geht‘s nicht um Schokomousse oder Himbeertorte. Königinnen am Desserthimmel sind vielmehr tropische Früchte, allen voran die Mango. Auch traditionelle Zutaten wie Sago, Kokos, Rote-Bohnen-Paste, Klebreis oder Mandeltofu kommen neu zum Einsatz. Ein Vorreiter der neuen Genusswelle und überhaupt ziemlich himmlisch ist Honeymoon Dessert (z. B. Gateway Arcade | Shop 3001-D3 | Canton Road | Tsim Sha Tsui; und Western Market | Sheung Wan). Die Kette hat Filialen in allen Stadtteilen.
Das Frühstück ist in den großen Hotels tadellos, aber unverhältnismäßig teuer. Eine preisgünstige Alternative mit Milchkaffee, Croissants etc. bieten die Filialen von Délifrance (z. B. New Mandarin Plaza | 14 Science Museum Road | Tsim Sha Tsui; und 1/F, Worldwide Plaza | Pedder Street | Central). Wer morgens auch mit Tee auf Trab kommen kann, sollte den Tag mal mit Dimsum im Teehaus beginnen, z. B. ab 7.30 Uhr im Jade Garden (Causeway Plaza II | Percival Street/Ecke Lockhart Road | Eingang Lockhart Road | Causeway Bay).
Cafés im europäischen Sinn – mit Kuchenbüfett und kleinen Speisen – sind in Hongkong noch selten. Trotzdem ist Kaffee fast zu einem Modegetränk avanciert, vor allem Cappuccino, Espresso und Latte macchiato. Entsprechend sind dann auch die Preise. Für einen Cappuccino wird da schon mal der Gegenwert von 5 Euro verlangt – und das bei Selbstbedienung!
Die Kette Coffee Academics (z. B. 38 Yiu Wa Street | the-coffeeacademics.com | Causeway Bay), hat Hongkongs Kaffeekultur besonders vorangetrieben. Manche Filialen würde man allerdings eher als Restaurants bezeichnen. Sie bieten auch ein reichhaltiges Frühstück. Günstiger ist Pacific Coffee, z. B. Filiale Kimberley Plaza (Shop 1A–B | 45–47 Kimberley Road | pacificcoffee.com | Tsim Sha Tsui).
gedämpfte Reismehlteigtaschen mit Garnelenfüllung
Tofuhautwickel mit Schweinefleisch-Gemüse-Füllung
Weizenmehl-Hefeteigtasche mit gegrilltem Schweinefleisch
gedämpfte Rippchen mit Schwarze-Bohnen-Sauce
süße portugiesische Eiertörtchen
mit Lotoskernpaste gefüllte, frittierte Bällchen (süß)
Bratreis mit Huhn, Ei, Erbsen, Pilzen und anderen Zutaten nach Verfügbarkeit
Hühnerfleisch mit Erdnüssen und Chili
Huhn mit Ingwermarinade auf Reis
Haftfuß einer Meeresschnecke
gedämpfte Wollhandkrabbe
Stockfischfilet mit Kräuterkruste
Zackenbarsch aus dem Tontopf
kurz gebratenes, gemischtes Gemüse
Tofu nach Sichuan-Art, scharf
kurzgebratener chinesischer Brokkoli in Ingwersauce