Saulieu ist kein Ort, über den man in Deutschland viele Worte verliert. Anders in Frankreich, das spätestens seit dem 16. Jh. die Gastronomie dieses burgundischen Dorfs in den Himmel hebt. Zu Christi Himmelfahrt finden hier die Journées Gourmandes du Morvan statt: Bauern, Köche, Winzer und Produzenten lokaler Spezialitäten bauen dann ihre Stände auf und laden zur Verkostung.
Über viele Windungen hat sich das kulinarische Prestige auf das gesamte Burgund ausgedehnt, das heute einen Rekord hält: Keine andere Region Frankreichs kann auf so viele Spitzenköche verweisen. Ein besonders eifriger Sammler lukullischer Sterne war Küchenmeister Bernard Loiseau aus Saulieu. Als der Drei-Sterne-Koch fürchtete, die begehrte Höchstnote des Michelin zu verlieren, beging er Selbstmord, und die Gastrokritiker gerieten selbst in die Kritik. Das Relais Bernard Loiseau hält heute mit Loiseaus Nachfolger Patrick Bertron immerhin noch zwei Sterne.
Eher deftig, mit viel Butter angereichert und sehr schmackhaft ist das, was die ländliche Küche serviert. Ihr Credo: gute, frische Zutaten aus der Region, oft aus sehr kleinem Einzugsgebiet, wo vielleicht die besten Barsche gefangen werden oder die schmackhaftesten Schalotten gedeihen. Die besonders tief verwurzelten Bauerngerichte, coq au vin oder boeuf bourguignon, bauen auf die Kraft eines guten Weins. Da wird schnell mal eine ganze Flasche geleert, damit das Fleisch vom Charolais-Rind oder vom Bressehuhn auch richtig mundet.
Der gute Ruf hat eine Kehrseite, denn vielerorts, vor allem in touristischen Zentren, kommt inzwischen auch miserable Qualität zu stolzen Preisen auf den Tisch. Du wirst ein feines Gespür benötigen, um den Braten früh genug zu riechen. Ansonsten hilft dir nur, dich auf die gern gegebenen Empfehlungen der Einheimischen zu verlassen. Und oute dich nicht gleich als Fremder, indem du einen Tisch einfach so in Beschlag nimmst: In Frankreich weist der Kellner den Platz zu.
Beim Preisniveau lautet die Faustregel: Mittags speist man günstiger. Auch Nobelrestaurants bieten dann ein Menü zum kleinen Preis an (menu du jour), wobei sich das Angebot auf die Zeit von Montag bis Freitag beschränkt. Immer mehr Restaurants, Cafés oder Bistrots locken zudem mit einer attraktiven formule, etwa Vorspeise plus Hauptgang oder Hauptgang plus Dessert, evtl. mit Café und/ oder einem Glas Wein. Ein Trend bei den grandes tables sind Zweitrestaurants in Form eines Bistrots: Auch hier speist du günstig und bekommst doch einen Eindruck vom Können eines großen Chef de Cuisine.
Nach guter französischer Sitte ist auch in Burgund das Abendessen die Hauptmahlzeit, während mittags oft ein preiswertes Tagesgericht (plat du jour; mit Nachtisch menu du jour) gereicht wird. Das Diner bestellt man à la carte oder wählt eines der meist günstigeren Menüs mit mindestens drei Gängen, wobei nach einer Platte mit Burgunds guten Käsen – es gibt rund 30 Sorten – und dem Dessert das Essen gern mit einem Espresso beendet wird. Den du übrigens automatisch bekommst, wenn du einen café bestellst.
Willst du eine „normal“ große Tasse, musst du einen café allongé oder einen café crème (Milchkaffee) bestellen. Außerhalb der üblichen Mahlzeiten solltest du möglichst keinen Hunger haben. Mittags steht das Essen zwischen 12 und 14 Uhr auf dem Tisch. Kinder bekommen um 16 Uhr beim goûter was Kleines auf die Hand. Kaffee und Kuchen im deutschen Sinn wirst du dagegen vergeblich suchen. Wenn du freundlich fragst, bekommst du aber mit etwas Glück eines der leckeren Desserts zu deinem nachmittäglichen Kaffee.
Abends wird üblicherweise ab 19.30 Uhr gegessen. In kleinen Orten und im Winterhalbjahr werden die Türen früh geschlossen, manchmal schon vor 22 Uhr. Letzte Zuflucht wäre dann eine Brasserie, in der Flüssiges mehr Bedeutung hat als die Hausmannskost.
Ein wirklich edler Tropfen wird in Burgund nach wie vor nicht offen serviert. Schon das Etikett der Flasche verrät ziemlich viel über deren Inhalt. Da wäre zunächst die A.O.C., die Appellation d’Origine Contrôlée. Diese kontrollierte Herkunftsbezeichnung verweist auf das jeweilige Anbaugebiet, das seinerseits in Lagen (climat) unterteilt wird. Die weitere Sortierung nimmt Bezug auf die Qualität der Lage, das wären in aufsteigender Folge Appellations Régionales, die den Hauptanteil ausmachen, ferner die schon besseren Weine mit dem Zusatz Village, darüber Premiers Crus und schließlich die 33 Grands Crus.
Grundsätzlich ist Burgund ein eher kleines Weinbaugebiet, das als schmales Band zwischen Dijon und Mâcon verläuft. Als Faustregel für die Rotweine kann gelten, dass ihre Qualität von Nord nach Süd abnimmt, um erst im Beaujolais, schon außerhalb Burgunds, wieder zuzulegen. Die wirklich großen Namen begegnen dir jedenfalls im Gebiet um Beaune: Gevrey-Chambertin, Vosne- Romanée, Nuits-St-Georges, Pommard. Bei den Weißweinen hingegen stehen Chablis im Nordwesten und Pouilly-Fuissé im Süden an der Spitze, während der Meursault eine echte „Insel“ in der Rotweingegend von Beaune bildet.
Burgunder Schnecken
herzhafte Windbeutel
gekochter Schinken in Petersiliengelee
pochierte Eier auf Toastbrot mit angedickter Rotweinsauce und Speck
Wurst aus Schweineinnereien in Weißwein
in Rotwein mariniertes Rindergulasch mit Karotten, Speck und Champignons
Hasenpfeffer in Rotwein mit Zwiebeln, Speck und Pilzen
in Gevrey-Chambertin zubereitetes Hähnchen
in Hefewein gekochter Schinken
gefüllte Kalbsroulade
verschiedene Süßwasserfische in Weißwein zu Suppe gekocht und mit Croûtons serviert
Bressehuhn in einer Weißwein-Sahne- Sauce
Hechtklößchen
Apfelauflauf mit einer Biskuithaube
Lebkuchen
Birne mit einem Sorbet aus Cassis
Pfannkuchen aus dem Nivernais
Mandelkuchen mit Johannisbeeren