Nach dem Fall der Mauer lag der Fokus zunächst auf der Kernsanierung des Ostens. Nachdem auch der letzte Altbau des Prenzlauer Bergs ein hübsches Dachgeschoss und der alte Prachtboulevard Unter den Linden sogar den Neubau des Stadtschlosses erhalten hatte, verschob sich der Fokus jedoch Richtung City West. Marode Bauten wie das berühmte Kranzlereck am Kurfürstendamm wurden kurzerhand abgerissen und durch moderne Architektur ersetzt. Nun entstehen am Ostbahnhof sowie nördlich des Hauptbahnhofs komplett neue Viertel mit Büros, Wohnungen und Geschäften. Immer wieder setzt sich Berlin aus Alt, Neu und neuem Alten zusammen. So sehen Besucher heute eine Stadt, die es so vor einigen Jahren noch gar nicht gab.
Am Potsdamer Platz lassen die Neubauten aus Glas und Beton ihr junges Entstehungsdatum immerhin erkennen. Im Nikolaiviertel und Unter den Linden haben Architekten hingegen Baustile früherer Jahrhunderte nachgeahmt. Diese Rekonstruktionen rufen ebenso die Spötter auf den Plan wie der Mangel an Wolkenkratzern. Geringe Wirtschaftskraft und Bauvorschriften sind dafür verantwortlich. Rund um den Alexanderplatz rüstet die Stadt jedoch gerade nach.
Kulturell ließ sich Berlin hingegen noch nie lumpen. Die Zeit der Teilung, als alles doppelt benötigt wurde, trägt bis heute zur Vielfalt bei. Zur Auswahl stehen dabei nicht nur drei Opernhäuser, sondern auch zwei Planetarien, zwei Standorten der Akademie der Künste oder die Kulturballungsräume Museumsinsel (Ost) und Kulturforum (West). Bei Letzterem erhalten Neue Nationalgalerie, Philharmonie und Kupferstichkabinett in den kommenden Jahren durch den Neubau für ein Museum der Moderne Gesellschaft. Die Entwürfe der Basler Architekten Herzog und De Meuron wurden zuletzt dem Zeitgeist gemäß mit Solarpanelen auf dem Dach und Begrünung ökologisch umgemodelt. Auf der Museumsinsel laufen derweil die Sanierungsarbeiten an Häusern und Freiflächen rund um Pergamon-, Bode- und Neuem Museum schon seit Jahren. Was gerade geöffnet ist, und welche Ausstellungen wo zwischengelagert sind, lässt sich am besten auf der Website der Staatlichen Museen mitverfolgen (smb.museum).
Zudem funktioniert Berlin als begehbares Geschichtsbuch. An Originalschauplätzen wie der Lichtenberger Stasi-Zentrale, der einstigen Ausreisehalle am Bahnhof Friedrichstraße, dem Tränenpalast, oder dem Haus der Wannseekonferenz lassen sich die Details der nicht nur schönen Historie des Landes und seiner Hauptstadt nachvollziehen. Den großen Überblick über Karl den Großen, Bismarck & Co. behält das Deutsche Historische Museum im ehemaligen Zeughaus Unter den Linden. Wegen Sanierung ist aktuell jedoch nur der Neubau mit Sonderausstellungen geöffnet.
Doch Berlin wäre nicht Berlin, gäbe es neben der Hochkultur nicht auch Abseitiges zu bewundern. Streetart aus aller Welt präsentiert die Schau Urban Nation, während das Disgusting Food Museum vermeintlich ekliges Essen aus aller Welt vorstellt (Bullenpenis gefällig?). Auch das absurde Sammelsurium aus Kuriositäten und Geschichten, das sich „Museum der unerhörten Dinge“ nennt, oder das Computerspielemuseum lohnen einen Besuch. Einen Überblick, auch an Ausstellungen, Führungen und Veranstaltungen, bietet das Museumsportal museumsportal-berlin.de. Die alltägliche Vielfalt der Stadt lässt sich hingegen am besten bei Spaziergängen entdecken – oder für Eilige: per Rad. Hier ein Graffiti, dort ein kurioser Laden und erst die wunderschönen Altbaufassaden. Also Augen auf und rein ins Getümmel!