Die hat sich durch die verbesserten Lebensumstände der Insulaner und die Ansprüche der Touristen natürlich längst verändert – glücklicherweise jedoch nicht so ganz. Schließlich sind die Produkte, die den Köchinnen und Küchenchefs auf den Inseln gestern wie heute zur Verfügung stehen, von fast einzigartiger Qualität. So haben kreative Köche, von denen nicht wenige vom Festland oder aus anderen europäischen Ländern kommen, die einstmals nur der Sättigung dienende Inselküche mit neuen Ideen vom Deftigen ins Leichte überführt.
Kommen wir aber nun zur wichtigsten Frage: „Und was gibt’s denn so?“ Dass frische Meeresluft den Appetit fördert, ist unbestritten. Und daher sind ein Strammer Max (Schwarzbrot mit Schinken, obendrauf ein Spiegelei) oder ein Matjes „Hausfrauenart“ (gewürfelter Matjes mit Zwiebel- und Apfelstücken in einer Schmand-Sahne-Sauce) mit Pellkartoffeln nach einem ausgedehnten Spaziergang am Strand dem Wohlbefinden zuträglicher als, sagen wir mal, Sushi-Häppchen. Häppchen? Gibt’s nicht. Das Sushi der Inseln sind Räucherfisch – von Aal bis Makrele – und Krabben (korrekt: Nordseegarnelen), mal solo, mal mit Mayo und Co. zwischen zwei Brötchenhälften geklemmt. Das nennt sich dann Fischbrötchen, und das ist ein echter Genuss, wenn das Brötchen frisch ist: Darauf solltest du unbedingt achten!
Oder du gönnst dir das abendfüllende Abenteuer, statt gepulter Krabben solche „in Schale“ zu kaufen. Die sind erheblich günstiger und allemal auch frischer als die gepulten. Kauf sie direkt vom Kutter oder beim Fischhändler: Wie man so ein Schalentier von seinem Panzer befreit, wird man dir bei höflicher Nachfrage gern demonstrieren. Mengenrichtwert: Um ca. 200 g Krabbenfleisch zu extrahieren, musst du 500 g Krabben kaufen – plus 100 g zum Üben. Novizen unter den Krabbenpulern können sich auch beim Autor dieses Buchs Hilfe holen: arnd@schuppius.de.
Eine weitere Delikatesse aus dem Wattenmeer sind die schwarzblau glänzenden Miesmuscheln, deren Schalen sich beim Köcheln öffnen und ihr wunderbar schmeckendes oranges Fleisch freigeben. Auch die nur hier und da erhältlichen wilden Austern aus dem Amrumer Wattenmeer sind ein wahrer Genuss. Ansonsten spielt der Fischfang im Wattenmeer eine eher untergeordnete Rolle. Das flache Wasser ist zwar die oft besungene „Kinderstube“ sehr vieler Nordseefische, aber wachsen müssen sie schon noch, um Ertrag und damit Genuss zu liefern. Doch keine Angst: Fisch aus Nord- und Ostsee – von Kabeljau bis Knurrhahn – steht reichlich auf jeder insularen Speisekarte, er kommt aus deutschen Häfen oder aus Dänemark. Und wenn er z. B. als „Pannfisch“ angeboten wird, handelt es sich um in der Pfanne gebratene Filetstücke verschiedener Fischsorten, oft mit Senfoder Kräutersauce und Bratkartoffeln – unbedingt probieren!
Nun zum Fleisch: Natürlich gibt es Steaks und Co. vom Rind, oft vom Galloway oder z. B. vom „Husumer Weideochsen“, aber in erster Linie musst du auf den Inseln Lamm probieren. Auf den Speisekarten ist es als Deichlamm oder Salzwiesenlamm deklariert, je nachdem, wo es sich den einzigartigen Geschmack seines Fleisches – zart und würzig – erfuttert. Doch auch der Föhrer Schafskäse, den es in etlichen Restaurants überbacken gibt, mit Tomaten und Lauchzwiebeln, ist eine echte Köstlichkeit. Ebenso zu empfehlen ist der Föhrer Ziegenkäse. Der Trend zu nachhaltig produzierten Lebensmitteln hat auch vor den Inseln nicht haltgemacht. Eigentlich kein Wunder, lebt man hier doch in einer rundum gesunden Region: Immer mehr Gastronomen bemühen sich darum, die Rohstoffe für ihre Gerichte direkt vor der Tür oder zumindest vom nordfriesischen Festland zu besorgen, wo Bauern zunehmend Fleisch und Gemüse nach ökologischen Richtlinien produzieren.
Wer gut isst, muss ordentlich trinken, und auch da sind die Inselfriesen Spezialisten: Nach einem herzhaften Essen ist ein Schnaps beinahe Pflicht, bei Feiern wird er mit Limo oder Cola verlängert. An kalten Tagen trinkt man Rumgrog, Teepunsch oder den berühmt-berüchtigten Pharisäer, quasi „Alkohol im Schlafrock“: Kaffee mit reichlich Rum und als Deckmäntelchen eine Sahnehaube. Wie er zu seinem Namen kam, kannst du in vor Ort erhältlichen Broschüren lesen oder dir vom Wirt erzählen lassen. Die nicht weniger berüchtigte Schwester – mit Kakao statt Kaffee – des Pharisäers heißt übrigens „Tote Tante“.
Was den Engländern ihr Fünf-Uhr-Tee, ist den Nordfriesen ihre Kaffeezeit, zu der nicht nur Kaffee (und natürlich Tee) schmeckt, sondern auch Backwerk. Bei Torten, Waffeln und süßem Gebäck kann niemand den Insulanern was vormachen. Egal, ob in der Dorfbäckerei oder im Café – das Etikett „selbst gebacken“ verheißt (fast) immer uneingeschränkten Kuchengenuss.
Aus Gemüse- und Krabbenfond, mit Krabben als Einlage
Aus dem Wattenmeer, mit einem Spritzer Zitrone, dazu Schwarzbrot mit Chester
Gratiniert, mit Salatbouquet und Baguette
In Olivenöl und Zitronensaft mariniert, mit Kirschtomaten oder Cranberries
Mit Kassler, Kohlwurst und geräucherter Schweinebacke, dazu karamellisierte Bratkartoffeln
Gebuttertes Schwarzbrot mit Krabben, getoppt von einem Spiegelei
Vom Salzwiesenlamm, dazu Gemüse der Saison und Bratkartoffeln
In der Schale gedünstet (1 kg/Person), in Weißwein- oder Gemüsesud
Gebraten mit Speck oder Krabben obendrauf, dazu Salzkartoffeln
Gebratene Fischfilets in Senfsauce, mit Bratkartoffeln
Pflaumenmus und Schlagsahne zwischen zwei Blätterteigböden
Aus roten Beeren, mit flüssiger oder geschlagener Sahne
Kümmelschnaps
Kaffee mit einem Schuss Rum und Sahnehaube
Der frische, trockene Föhrer Weißwein