Aber nahr- und schmackhaft musste das Essen trotzdem sein. Die meisten traditionellen Spezialitäten des Allgäus werden daher mit Mehl, Eiern, Milch und anderen einfachen Zutaten wie Kraut oder Käse zubereitet. Daraus entstehen Teiggebilde, die als Nudeln, Spätzle, Knöpfle oder Maultaschen serviert werden. Kässpatzen im bayerischen, Kässpätzle im württembergischen Allgäu sind das Allgäuer Nationalgericht, das auf keiner Wirtshauskarte fehlen darf. Sie werden in der einheimischen Küche noch genauso regelmäßig gegessen wie früher, ebenso Kraut- und Spinatspätzle oder Krautkrapfen. Am besten schmecken diese üppigen Gerichte nach einer Wanderung oder Bergtour, wenn du ordentlich Kalorien verbraucht hast. In Oberreute kannst du die Kunst des Käsund Krautspätzlezubereitens lernen (11,50 Euro pro Person | Anmeldung bis zum Vortag im Gästeamt | Tel. 08387 12 33).
In der Küche koexistieren bayerische und schwäbisch-württembergische Traditionen. Die deftige bayerische „Brotzeit“ heißt in Württemberg „das Vesper“. Während sie in Bayern auf der Alpe oder im Biergarten serviert wird, gibt es in Württemberg eigene Vesperwirtschaften. Die bayerischen „Schmankerln“ wie Schweinshaxe, Knödel und Leberknödelsuppe gehören ebenso auf die Speisekarte wie die Flädlesuppe von der Württemberger Seite. Noch typischer als die Brezel und ihre Variante, das Laugenhörnle, sind die vor allem im Westallgäu beheimateten schwäbischen Seelen. Diese einfache Brotart aus Weißmehl, Wasser und Salz ist heutzutage täglich frisch in der Bäckerei zu bekommen. Früher dagegen war sie besonderen Gelegenheiten wie Allerheiligen und Allerseelen vorbehalten, wenn man das Seelengebäck armen, hungrigen Menschen gab, die sich durch Aufsagen von Bittsprüchen bedankten.
In den bewirtschafteten Alpen werden in aller Regel kalte Brotzeiten und Suppen angeboten. Je kleiner die Alpe, desto einfacher ist die Küche. Größere Hütten mit vielen Gästen haben auch eine größere Speisenauswahl und mitunter sogar italienische Kaffeespezialitäten im Angebot. In den Wirtschaften wird meist traditionell regional gekocht, wobei so manches Haus die Gerichte modern und individuell interpretiert. Da steht auch mal ein Bergwiesenheusüpple, ein Braten in der Kräuterkruste oder ein Weißbiertiramisu auf der Karte. Für besonders anspruchsvolle Feinschmecker gibt es fünf Lokale, die mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wurden.
Seit fast 200 Jahren wird im Allgäu Milch durch Verkäsen haltbar gemacht. Das Traditionshandwerk Käsen und Buttern ist eine Wissenschaft für sich. Dabei ist der „Allgäuer“ Emmentaler eigentlich ein Schweizer Import: Um 1820 siedelten sich zwei Sennereien in Weiler an und brachten ihre Herstellungsverfahren mit. Carl Hirnbein, der Allgäuer Käsepionier, stellte Käse nach Limburger Art her. Der einzige nachweislich im Allgäu neu „erfundene“ Käse ist der Weißlacker, eine geschmacklich recht eigenwillige Kreation. Für gute Kässpatzen ist er allerdings unverzichtbar. An Käsereien, Sennereien, Genossenschaften, Käseküchen und -läden mangelt es nicht. Neben Emmentaler, Bergkäse und Alpkäse produzieren sie eine Vielzahl weiterer Sorten, dazu Butter, Joghurt und Quark, Buttermilch und andere Köstlichkeiten. Probier am besten so viele Sennereien wie möglich aus – du wirst staunen, wie unterschiedlich allein der Bergkäse je nach Hersteller schmeckt.
Aus der österreichischen Küche haben sich Kaiserschmarren, Germknödel und süße Pfannkuchen in die Allgäuer Küche geschmuggelt. Apfelstrudel und Apfelküchle mit Vanilleeis stehen in vielen Gasthäusern auf der Karte. Und dann sind da noch all diese Küchle, Kuchen, Torten und das Birnbrot! Zur traditionellen Küche gehören die ausgebackenen Holunderdolden („Holderküchle“), sie findet man allerdings nur selten auf einer Speisekarte.
Auf den Wochenmärkten gibt es ein reichhaltiges Bioangebot, in Irsee sogar jede Woche einen reinen Biomarkt. Viele Kunden kaufen direkt beim Bioerzeuger Eier, Milch, Fleisch und Honig (z. B. bioeinkauf-allgaeu.de). Die regionale Supermarktkette Feneberg leistet sich unter der Marke „vonHier“ ein eigenes Biosortiment mit über 400 Produkten aus der Umgebung. Rund 60 Gasthöfe haben sich in der Initiative „Landzunge“ (landzunge.info) zusammengeschlossen. Ihr Motto: das Beste aus der Region. Sie setzen traditionelle Rezepte modern um und verwenden vorwiegend regionale Produkte.
Im Allgäu haben viele der traditionellen Familienbrauereien in Nischen überlebt – über 30 sind es heute noch. Du kannst also unter besonders vielen Biersorten wählen. Viele Brauereien bieten Führungen mit Verkostung und andere Bierevents an. Deutschlands höchstgelegene Privatbrauerei ist das Bernardibräu am Grünten (bernardibraeu.de) – die Einkehr in der Bieralp ist ein Genuss!
Wurstmasse wird zu Knödeln geformt und in Brühe gekocht
Würzige Brühe, in der schmale Pfannkuchenstreifen schwimmen
Maultaschen, serviert in der Suppenbrühe
Mit Zwiebeln und saurer Sauce angemachte Wurststreife
Nahrhafte, würzige Cremesuppe mit viel Emmentaler oder Bergkäse drin
Rollen aus Nudelteig, gefüllt mit Sauerkraut und Speck und in heißem Fett ausgebacken
Nudelteigtaschen, gefüllt mit einer Mischung aus fein gehackten, angerösteten Zwiebeln, Lauch, Hackfleisch, Petersilie, Muskat und Spinat
Abwechselnde Lagen aus Spätzle und Bergkäse, dazu geröstete Zwiebeln
Kurze Nudeln mit hohem Kartoffelanteil im Teig, dazu Sauerkraut
Knuspriger Fladen aus geraspelten und gebratenen Kartoffeln
In Pfannkuchenteig getauchte und ausgebackene Holunderblütendolden
Mit Zwetschgen belegter Hefeteigkuchen – unbedingt mit Sahne!
Im Allgäu erfundene und hergestellte Limo mit Bergwiesenheu-Extrakt
Sirup aus Holunderblütendolden und Zitrone mit Sprudelwasser aufgegossen
besonders köstlich auf der Sennalpe