Verblüffende Ehrlichkeit oder geschickter PR-Coup? Der Wirt eines chinesischen Restaurants in Montreal, Kanada, preist etliche Mahlzeiten auf der Speisekarte mit wenig schmeichelhaften Worten an. Was will er damit erreichen?
Es gibt einiges, was gegen einen bewusst eingesetzten Marketing-Schachzug spricht: Feigang Fei, der Besitzer des chinesischen Restaurants AuntDai in Montréal, Kanada, preist seine Mahlzeiten auf der Speisekarte immerhin schon seit mehreren Jahren mit äußerst ehrlichen Worten an. Zu jedem Essen gibt es eine „Bemerkung des Eigentümers“. Diese lesen sich dann zum Beispiel wie folgt:
Soll das ein Scherz sein? Von CBC News nach dem Grund dafür befragt, gibt der Restaurantbesitzer an, einfach nur ehrlich sein zu wollen seinen Kunden gegenüber. „Eine Menge Leute wollen immer das Beste … und wir sind einfach nicht die Besten. Das ist ein Fakt. Wir versuchen nur ein klein wenig besser zu werden, jeden Tag.“ Deshalb gibt es zu jedem Gericht ein persönliches Statement, das Kunden bei der Auswahl hilft. „Achtung, das grüne Chili ist wirklich sehr scharf.“ oder „Dieses Gericht ist sehr beliebt bei Leuten, denn es nichts ausmacht, wenn es vor Fett trieft.“
Selbstverständlich gibt es aber auch genügend Gerichte auf der Karte, die der Besitzer uneingeschränkt empfehlen kann. „Dies ist eines meiner Lieblingsgerichte. (…) Wegen diesem Gericht habe ich mindestens fünf Pfund zugenommen ...“
Die gesamte Aktion ist nicht nur ehrlich, sondern auch mutig. Und hat dem Restaurantbesitzer inzwischen so große mediale Aufmerksamkeit beschert, dass er sich um die Qualität seines Essens nicht mehr sorgen muss. Und auch nicht um seine Existenz: Allein im Bundesstaat British Columbia mussten in den Corona-Lockdown-Monaten März und April 2020 über 25.000 Restaurants Konkurs anmelden. Feigang Fei freut sich: „Wir sind überglücklich, dass es uns noch gibt.“
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von Solveig Michelsen