Buenos Aires hat die besten Steaks der Welt, ein ausgeflipptes Nachtleben und zahlreiche Einkaufsmöglichkeiten. Und berühmt ist die Stadt für ihren Tango. Buenos Aires ist vieles — nur nicht leise. Der Abend beginnt hier frühestens um 21 Uhr und endet erst in den frühen Morgenstunden.
Zu Fuß in der Innenstadt
Buenos Aires ist riesig, aber die Sehenswürdigkeiten konzentrieren sich auf ein paar Stadtviertel, daher lässt sich vieles zu Fuß erkunden.
Im Zentrum liegt die alte Prachtstrasse „Avenida de Mayo”, die den Regierungspalast mit dem Parlamentsgebäude verbindet. Ein Spaziergang entlang den Art Deko- und Jugendstilbauten wird zu einer Zeitreise an den Anfang des 20. Jahrhunderts. Damals gehörte Argentinien zu den reichsten Ländern der Welt. Durch Fleisch, Leder und Mais war das ressourcenreiche Land zu Wohlstand gekommen – aber die goldenen Zeiten sind vorerst vorbei. Jetzt bröckelt der Putz an mancher Stelle und Taschendiebe sind eine Plage. Das „Gran Café Tortoni” an dieser „Avenida” ist das berühmteste Café der Stadt. Es wurde 1858 gegründet und erzählt noch vom alten Glanz.
Microcento heisst das Geschäftsviertel in der Innenstadt, mit den vielen gläsernen Hochhäusern internationaler Konzerne. Gepflegte Parkanlagen bieten schattige Plätze zum Verweilen. Hier findet sich auch das Teatro Colon, eines der bedeutendsten Opernhäuser der Welt mit einzigartiger Akustik. Die englischsprachige Führung zeigt den Prunk, führt in die Technik ein und dauert nur eine knappe Stunde.
Historischer Kern und elegantes Hafenviertel
San Telmo im Süden des Zentrums ist der alte Kern der Stadt. Auf dem „Plaza Dorrego” führen Tangotänzer ihre Kunst vor. Über Kopfsteinpflasterstraßen schlendert man an spanischen Kirchen, Kolonialbauten und Antiquitätenläden vorbei.
Ganz das Gegenteil ist das benachbarte Puerto Madero. Dieser neue Schickeria-Bezirk wurde im alten Hafengebiet hochgezogen. Elegante Glasbauten und Restaurants dominieren das Bild, davor schaukeln Yachten im Wasser. Zum Joggen geht es ins Naturschutzgebiet „Reserva Ecologica Costanera Sur”. Ein Wanderweg führt an den Rio de la Plata, der ockerfarben dahin fließt und ein weiter Blick ins Delta öffnet sich.
Grün und charmant: Recoleta
Die wohlhabenden Bewohner von Buenos Aires leben in Recoleta, einem Stadtteil mit weitläufigen Parks, hochkarätigen Museen und französischer Architektur. Neben den Häusern aus dem 18. und 19. Jahrhundert stehen moderne Apartmenthäuser – viele Stockwerke hoch. Ein Portier bewacht die Tür. Fast jede Wohnung hat einen Balkon mit Grünpflanzen.
Ein Geheimtipp ist das Kulturzentrum „Centro Cultural Recoleta” mit Dachterrasse und Galerien, die junge zeitgenössische Kunst zeigen. In den Sommermonaten finden hier auch Performances auf dem Dach statt. Gleich daneben liegt der berühmte Friedhof von Recoleta. Die Gräberarchitektur der reichen argentinischen Familien mit ihren Gruften und Minikathedralen ist sehenswert. Eine Grabstätte kostet heute mehr als 50.000 Euro. In einer Seitengasse ruht Evita Peron in einem bescheidenen Grabmal.
Evita – Engel der Armen
Ein Museum in benachbarten Stadtteil Palermo widmet sich dem Leben Evita Perons, der berühmtesten Tochter des Landes. Videos, historische Fotos und ihre Garderobe - Kleider, Schuhe, Handtaschen – geben einen Einblick in das kurze Leben der Ehefrau des damaligen Staatspräsidenten Juan Peron. 1952 starb die nur 33-jährig an Krebs. Evita wurde „Engel der Armen” genannt, da sie sich leidenschaftlich und mit Pathos um die arme Unterschicht kümmerte. Von Madonna wurde die populäre Argentinierin im gleichnamigen Film verewigt.
Die „Portenos” – Kaffee trinken und zum Therapeuten
Für die Portenos („Hafenbewohner” ist der Spitzname der Menschen in Buenos Aires) ist das Café die Verlängerung des Wohnzimmers. Daher findet man an jeder Ecke eins. Die Kaffeehäuser machen mit ihrem Pomp und ihrer distinguierten Bedienung Wien Konkurrenz und die Straßencafés erinnern an Südfrankreich.
Stundenlang wird draußen beim Café Cortado (Espresso mit einem Schuss Milch) oder Café con leche (Milchkaffee) geredet oder Leuten hinterher geguckt. Das Aussehen wird in Buenos Aires sehr wichtig genommen: man kleidet sich gut und ist schlank. Der Kampf gegen überflüssige Pfunde ist ein Nationalsport.
Ein Aperitif und dann ins Steakhaus
Die meisten Argentinier sind südeuropäischer Herkunft und kommen aus Italien, Spanien und Frankreich. Das erklärt vielleicht auch, warum sie so nachtaktiv sind. Ganz Buenos Aires sitzt abends beim Bier oder Rotwein. Gegessen wird erst spät am Abend.
Daher gibt es vorher einen Snack. Im „Las Violetas”, dem etwas abgelegenen traditionsreichen Café an der Avenida Rivadavia, servieren Kellner in weißen Jacketts formvollendet Kuchen, kleine Sandwiches oder einen Aperitif. Bleiverglaste Fenster und hohe Decken schmücken das Art Nouveau Café.
Für den richtigen Hunger: Ein Geheimtipp ist das preisgünstige und hervorragende „Restaurante los Remanseros” an Avenida Medrano. Es liegt nicht in einer Tourismusschneise – hier gehen Argentinier essen. Das Bife de Lomo (Rinderfilet) und das Bife de Chorizo (Rumpsteak) schmecken fantastisch.
Für einen Besuch in einer typischen, traditionellen Eckkneipe mit authentischen Gerichten und saftigen Steaks ab ins „El Bar del Gallego”. Über ganz Buenos Aires liegt ein Aroma von Holzkohle und Rinderfett aus den „Parillas”, so heißen hier die Grillrestaurants.
Tango
Der Sänger Carlos Gandel hat den Tango weltweit vor fast hundert Jahren salonfähig gemacht und damit auch Argentinien eine Stimme gegeben. Er brachte den Tango nach Paris, wurde Weltstar und kam 1935 bei einem Flugzeugunglück ums Leben. Jetzt bringt der ernste Tanz viele Begeisterte nach Buenos Aires.
Über die ganze Stadt verteilt laden „Milongas” (Tanzlokale) ein, für ein paar Euro dem Schauspiel zuzusehen. Authentisch ist zum Beispiel der „Club Gricel”. Wer den Tanz beherrscht, kann natürlich mitmachen. Ein kurzer Augenkontakt, dann ein rasches Kopfnicken des Mannes, das von der Frau ebenfalls mit einem Nicken beantwortet werden muss. Dann kommt der Mann zum Tisch und holt sie ab - Männer und Frauen sitzen getrennt.
Beim schleichenden Gang der Tangotänzer ist der Oberkörper dicht an den Tanzpartner gedrückt, die Gesichter liegen beieinander. Plötzliche Richtungs- und Tempiwechsel geben dem Ganzen dramatische Züge. Melancholie liegt in der Luft. Das Bandoneon (auch Schifferklavier oder Quetschkommode genannt) ist der deutsche Beitrag zum Tango.
Bars und Musik
Abends ist der Stadtteil Palermo Viejo angesagt. Besonders in den Teilen Palermo Hollywood und Palermo Soho geht es am Wochenende hoch her. Wo tagsüber viele kleine Boutiquen Schuhe und Klamotten anbieten, wird später am „Plaza Catazar” in den Restaurants, Bars und Clubs geflirtet, gefeiert und getrunken. Das rege Nachtleben zieht sich bis in die Morgenstunden. Es ist laut, lebendig und zwischendurch düst auch mal ein alter VW-Bus mit Surfbrett auf dem Dach vorbei. Buenos Aires ist alles - nur keine leise Stadt.
Wer abends lieber kulturell „unterwegs” sein will, kann den Geheimtipp „Dain Usina Cultural” aufsuchen. Die Buchhandlung ist ein Kulturzentrum mit Restaurant, in dem viele Veranstaltungen stattfinden. Auf der Dachterrasse kann man sich an einen Tisch setzen oder es sich auf einem der vielen Loungebetten gemütlich machen. Oder man besucht ein Musikkonzert im „Ciudad Cultural Konex”. Zum Tanzen und Musik hören ist das Konex ein Erlebnis.
Argentinier sind fröhlich, aber weder bescheiden noch leise. Man sagt über die Portenos, sie seien leicht zu lieben und schwer zu vergessen.
von Alrun Steinrück
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