Marco Polo Magazin
18.07.2013

Reiselektüre

Eure besten Reiseanekdoten

Reisen heißt auch Erfahrungen machen. Manche bleiben als Erinnerungen ein Leben lang im Gedächtnis, weil sie so interessant, so kurios, so schrecklich oder so schrecklich schön waren. Wir haben die besten Reise-Anekdoten unter euren Einsendungen ausgewählt – viel Spaß beim Lesen!

Schuhputzer in Kusadasi, TürkeiSchuhputzer in Kusadasi, Türkei |© BartCo, iStock

Frauen in Dubai

Ich habe Anfang Juni Urlaub in Dubai gemacht. Als ich in dieses Land aufbrach, ging ich mit der Einstellung heran: Frauen werden unterdrückt, müssen sich in schwarzen Gewändern vermummen und alles erdulden, was ihre Männer ihnen sagen.

Schon nach wenigen Stunden in Dubai wurde mein komplettes Weltbild des Islams auf den Kopf gestellt. Ich erkannte, dass Frauen sich zwar in schwarze Burkas hüllen, Männer dafür aber in weißen, bodenlangen Hemden herumlaufen, am Kopf einen Turban. Somit war auch von ihnen nicht wirklich viel zu sehen. Und Frauen hatten hier eine Menge zu sagen. Ich erlebte in einem indischen Restaurant, dass der Kellner einem Pärchen (wie beschrieben gekleidet) einen Tisch anbot. Der Kellner suchte Blickkontakt mit dem Herren, dieser wiederum sah seine Frau an. Die schüttelte nur den Kopf und zeigte auf einen anderen Tisch. An diesem nahm das Paar auch Platz.
Ich sah Frauen in Burkas, die schreiende Kinder aus dem Kinderwagen nahmen und sie ihren Vätern in die Hände drückten. Und ich sah Gruppen von Damen in Burkas, die miteinander schwatzten und das Leben genossen. Und ich sah händchenhaltende Paare genauso wie in europäischen Ländern.

Damit möchte ich nicht sagen, dass Frauen im Islam vollkommen gleichgestellt sind. Aber wie so oft im Leben gibt es einfach zwei Seiten. Ich betrachte den Islam auf jeden Fall nicht mehr als frauenfeindlich und diskriminierend. Mir ist aber bewusst, dass er – wie jeder andere Glaube auch – die Basis dafür bietet.


von Kerstin Lechner

Der Schuhputzer

Die Schuhbürste lag auf der Straße. Ein vorbeieilender Schuhputzer hatte sie gerade verloren, sein wichtigstes Arbeitswerkzeug. Ich rief ihm hinterher, winkte und deutete auf den gefundenen Gegenstand. Der Mann lief sofort herbei, bedankte sich vielmals auf Türkisch und machte Anstalten, mir zum Dank die Schuhe putzen zu wollen.

Ich winkte ab. Zum einen, weil sich Turnschuhe nicht wirklich auf Hochglanz polieren lassen, zum anderen, weil ich keinen auf Knien rutschenden Schuhputzer vor mir haben wollte; es erschien mir erniedrigend.
Aber der Mann gestikulierte weiter, deutete auf die Bürste, bettelte förmlich um Erlaubnis, mir diesen Dienst erweisen zu dürfen. Ich meinte schließlich zu begreifen: Das war seine Art, danke zu sagen für die Rettung seines unentbehrlichen Arbeitsmittels. Sein Stolz verlangte nach einem Ausgleich, den er mir nur so geben konnte. Das musste ich akzeptieren. Widerwillig also stellte ich ihm meinen Turnschuh zur Verfügung, über den er einige Male ergebnislos darüberbürstete. Beim zweiten Schuh kürzte ich die Zeremonie etwas ab, bedankte mich herzlich und wendete mich zum Gehen.

An dem Punkt jedoch wurde der Schuhputzer laut. Er forderte von mir einen Geldbetrag, der den üblichen Lohn eines Schuhputzers im Zentrum Istanbuls um ein Achtfaches überstieg. Ich war entsetzt. Nicht nur von dem hohen Preis, viel mehr noch von meiner so weit gereisten und doch so fehlbaren Menschenkenntnis. Ich war mir so sicher gewesen, Dankbarkeit in seinen Augen zu lesen! Nach dem ersten Schock bot ich ihm das übliche Schuhputzer-Honorar an und drückte es ihm in die Hand. Aber er bestand auf seinen völlig überteuerten Preis, den er nun mit Zeter und Mordio einforderte, sodass es nicht lange dauerte, bis ein zweiter, diesmal recht gut gekleideter Türke herbeieilte.
Diesem des Englisch Mächtigen konnte ich die Misere erklären und bat ihn, seinen Landsmann doch zur Besinnung zu bringen. Stattdessen aber griff der ins eigene Portmonee und bezahlte dem aufgebrachten Rumpelstilzchen an meiner statt die gewünschte Summe. Was mich zum zweiten Mal an diesem Tag völlig beschämt zurückließ.

Und auch ein drittes Mal noch musste ich meiner Naivität ins Auge blicken: Nach kurzen Recherchen im Netz wurde mir klar, dass es sich hier um einen sehr beliebten und allseits bekannten Trick türkischer Schuhputzer gehandelt hatte. Besonders Deutsche, hieß es in dem Artikel, seien leichte Opfer, da diese immer sehr beflissen seien zu helfen und bereitwillig an das Gute im Menschen glauben würden.


Als Frau allein unterwegs

Ich war damals Studentin, schon oft allein unterwegs gewesen und sagte deshalb spontan zu, als man mir einen kostenlosen Stopover auf den Fidschi-Inseln anbot. Auf dem Heimflug von Neuseeland, wo ich ein Jahr studiert hatte, wollte ich noch zehn Tage Sommer tanken, bevor es ins winterliche Deutschland zurückging.

Bewaffnet mit einem – damals nur auf Englisch erhältlichen – Lonely-Planet-Führer kam ich spätabends am Flughafen an und machte mich auf zur nächsten empfohlenen Unterkunft. (Ich schreibe bewusst „Unterkunft“, denn ich tue mich schwer, diese Übernachtungsgelegenheit als Hotel, Pension, Hostel oder Vergleichbares zu bezeichnen.) Bei der Ankunft fiel ich als einzige Weiße und einzige Frau sichtlich auf. Nach Abschließen meiner Zimmertür stellte sich heraus, dass ich die Blicke der Männer richtig gedeutet hatte: Mehrere Male versuchte jemand, gewaltsam die Tür zu öffnen und in mein Zimmer einzudringen. Ich brauche nicht zu erwähnen, dass ich die Nacht sehr unruhig geschlafen und mich am nächsten Morgen früh aus dem Staub gemacht habe.

An der Haltestelle wartete ich auf den Bus in die Stadt. Eine halbe Stunde, eine ganze Stunde. Ein Pkw hielt an, winkte mir, doch einzusteigen. Ich lehnte ab. Man erklärte mir, dass die Busse hier nur selten fahren würden, was ich zwar für einen miesen Trick hielt, aber dennoch nicht bezweifelte. Im hinteren Teil des Autos saßen zwei Briten, die mir versicherten, dieser privaten Taxi-Fahre wollte sich nur etwas dazuverdienen, das sei völlig OK. Dieses weiße Pärchen überzeugte mich also. Reisekundig wie ich war, handelte ich mit dem Fahrer vor dem Einsteigen den Preis aus, bedachte aber nicht, dass er mich als Letzte absetzen würde. Ungeachtet unserer Vereinbarung forderte er 20 Dollar – eine damals wie heute unverschämt hohe Summe. Als ich mich nicht einverstanden zeigte, machte er Anstalten, mit meinem Rucksack, den er an sich gerissen hatte, davonzufahren. Was blieb mir anderes übrig, als ihm den geforderten Betrag zu zahlen?

Nächste Station: Christian Hostel. Irgendwie hoffte ich, hier etwas vertrauenswürdigeren Personen zu begegnen. Ich bekam einen Schlafplatz in einem gemischten 6-Bett-Zimmer und ließ auf Anraten der Rezeptionistin mein Bargeld in einen Safe legen. Dass ich auch hier nur einem üblen Trick aufgelaufen war, bemerkte ich am nächsten Tag: Meine Bargeldvorräte von rund 1000 Euro waren über Nacht zu einem lächerlichen Betrag von etwa 20 Euro „geschrumpft“. Meinen Protest beantwortete man mit Schulterzucken: Ich könnte ja nicht beweisen, dass ich wirklich mehr Geld hineingelegt hätte, oder? Mein erster Impuls, bei der Polizei Anzeige zu erstatten, wurde von einem Zimmergenossen niedergeschmettert: „Das ist, als würdest du daheim Anzeige wegen eines gestohlenen Lollis erstatten. Die lachen dich nur aus hier, glaub mir.“

Also, ein handfester Plan B war nötig. Zwar besaß ich noch meine Kreditkarte, allerdings gab es auf der gesamten Insel damals nur eine einzige Bank mit Automaten – eine rund dreistündige Busreise entfernt, die ich gar nicht hätte bezahlen können. Abgesehen davon wusste ich die erforderliche PIN, weil nie in Gebrauch, schon lange nicht mehr. Ich musste also, um mich über die nächsten acht Tage zu retten, irgendwie Unterkunft, Essen und Freizeitprogramm ausfindig machen, die sich direkt mit Kreditkarte und Unterschrift bezahlen ließen. Die Hauptinsel Viti Levu war allerdings nur Durchgangsstation für die meisten Reisenden, die auf eine der viel idyllischeren Nebeninseln weiterzogen, sodass sich das Angebot in Grenzen hielt.

Ein Tauchkurs rettete mich schließlich aus der Misere. Diesen konnte ich per Plastik bezahlen; eine Mittagsbrotzeit war inklusive. Fehlte nur noch die Unterkunft. Ein Missionarspärchen, dem ich meine Situation schilderte, gestattete mir, für zehn Dollar in ihren Baracken zu nächtigen. Die anderen zehn Dollar gab ich auf dem Markt für frisches Obst aus, sodass ich morgens und abends nun Ananas und Papayas zu essen hatte.

Selten war ich so zufrieden gewesen auf meinen Reisen: Das überaus köstliche Obst am Morgen belebte die Sinne, die Frösche in der Dusche weckten meinen Humor, die Tauchgänge gaben dem Tag eine Struktur – und nicht die schlechteste! – und ich besaß nichts mehr, was mir hätte gestohlen werden können. Leicht wie eine Feder – ich hatte sechs Kilo abgenommen – machte ich mich am 23. Dezember 1998 auf den Heimweg.

von Solveig Michelsen

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