Overtourism? Touristenschwemme? Darüber können einige abgelegene Destinationen nur lachen. Denn die beschwerliche Anreise für eine einzige Attraktion nehmen nur wenige Menschen auf sich. Wer also das Besondere sucht, das garantiert noch nicht überlaufen ist, sollte sich folgende Reiseziele mal genauer durch den Kopf gehen lassen:
Derweze-Krater, Turkmenistan
Seit 48 Jahren brennt der Derweze-Krater in der Wüste Turkmenistans, der auf eine missglückte Gasbohrung zurückgeht: Der Boden der Bohrplattform, der auf einer Methangas-Höhle errichtet worden war, hatte 1971 plötzlich nachgegeben und einen Krater von 70 Meter Durchmesser geschaffen. Um die Freisetzung des giftigen Gases zu verhindern, wurde es kurzerhand angezündet. Allerdings rechneten die Geologen mit einer Brenndauer von wenigen Tagen. Nun steht das „Tor zur Hölle“ immer noch in Flammen ...
Inzwischen hat sich eine ausreichende touristische Infrastruktur vor Ort angesiedelt, um Touristen das einzigartige Spektakel näher bringen zu können. Vielleicht aus diesem Grund ist das Vorhaben, den Krater 2010 zu schließen, bislang auf die lange Bank geschoben worden. Denn was wäre Turkmenistan – ein touristisch eher unbekanntes Land, das so groß ist wie Deutschland, Österreich und Dänemark zusammen – ohne sein „schönstes ökologisches Unglück“, wie der Krater einmal tituliert wurde.
Die Anreise erfolgt quer durch die Wüste Karakum, am besten mit einem Allrad-Fahrzeug. Tourenanbieter gibt es etliche; kurioserweise kann auch mit Zigaretten bezahlt werden: Der ehemalige Präsident Nyýazow durfte nach einer Herzoperation 1998 nicht mehr rauchen – und verbot es daraufhin seinem ganzen Volk. Das Gesetz ist auch nach seinem Tod weiterhin gültig und entfachte einen regen Tauschhandel.
Moai-Skulpturen, Osterinsel
Wenige Inseln liegen so fernab dem Festland wie die Osterinsel: Rund 3800 Kilometer Luftlinie sind es bis nach Chile, 4250 Kilometer bis nach Tahiti. Die nächste bewohnte Insel befindet sich über 2000 Kilometer entfernt. Wie es den knapp 6000 Bewohner der Osterinsel damit wohl geht? Die absolute Einsamkeit wird immerhin erfolgreich von Touristen verhindert, die die berühmten Steinskulpturen, die Moai, besichtigen wollen und dafür den weiten Weg nach Rapa Nui, wie die Insel auch heißt, auf sich nehmen. Mehrere hundert Steinskulpturen – früher sollen es einmal über 1000 gewesen sein – stehen und liegen über die Insel verstreut. Über ihre Bedeutung diskutiert man bis heute. Eventuell stellen sie berühmte Häuptlinge oder Ahnen dar, die als Bindeglied zwischen der diesseitigen und der jenseitigen Welt fungieren.
Bisher ungelöst bleibt auch das Rätsel um die eigenartige Schrift, die Rongorongo. Die mit Lautzeichen durchsetzte Bilderschrift folgt ihren eigenen Gesetzen: Jede Zeile steht gegenüber der vorhergehenden auf dem Kopf und ist gegenläufig geschrieben. Es wird von links nach rechts gelesen und am Ende der Zeile wird die Tafel um 180 Grad gedreht. Der Beginn ist links unten. Zahlreiche Kulte (z.B. der Vogelmann-Kult) trugen ebenfalls zum mysteriösen Ruf der Osterinsel bei. Immerhin kann man seit 1967 auch fliegenderweise dorthin gelangen und muss nicht mehr das Schiff nehmen.
Zeitreise nach Foula, Shetlandinseln
Du hast schon immer von einer Zeitreise geträumt? Dann könnte dein Traum jetzt wahr werden. Allerdings geht es nicht in die Zukunft, sondern in die Vergangenheit: Auf Foula, der abgelegensten bewohnten Shetlandinsel (ca. 40 Bewohner), herrscht weiterhin der julianische Kalender. Dem von uns verwendeten gregorianischen Kalender, der im Vereinigten Königreich im 18. Jahrhundert zum Einsatz kam, hinkt er ganze zwölf Tage hinterher. Weihnachten wird somit am 6. Januar gefeiert – wichtig zu wissen für den Fähr- und Flugverkehr.
Eine Reise in die Vergangenheit war bisher auch die Tatsache, dass die Bewohner auf einen Strom-Generator angewiesen waren. Ende 2018 ist das Kapitel nun zu Ende gegangen und die Bewohner freuen sich über den Anschluss ans Stromnetz. Trotzdem lebt man hier abseits von Stress und Hektik – auch wenn die Arbeit das übliche Maß oft übersteigt. Schließlich gibt es viel zu tun, um am äußersten Rand Schottlands zu überleben.
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von Solveig Michelsen