Wenn während eines Flugs der Koffer verschwindet, muss dafür in der Regel die Fluggesellschaft eine Entschädigung zahlen. Nicht so bei Fernbusreisen: Viele Unternehmen schließen eine Haftung von vornherein aus. Das ist nicht rechtens, wie das Amtsgericht München festgestellt hat.
Eigentlich ist es selbstverständlich: Ein Fernbus transportiert nicht nur den Fahrgast, sondern auch dessen Gepäck. Gerade letzterer Punkt wird von den Reiseunternehmen aber oft in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen abgestritten. Die Firmen leiten daraus einen grundsätzlichen Haftungsausschluss für verloren gegangenes Gepäck ab. Der Passagier sei selbst für seinen Koffer verantwortlich. Dieser Praxis hat das Amtsgericht München in einem Urteil (AZ 283 Js 5956/15) widersprochen und die Kundenrechte gestärkt.
Geklagt hatte eine Kundin des Unternehmens FlixBus, wie die Münchner Rechtskanzlei Siegel mitteilte. Die Frau war im Oktober 2014 von Dresden mit zwei Zwischenstopps nach München gereist. Bei der Ankunft war ihr vom Busfahrer im Gepäckraum verstauter Koffer nicht mehr auffindbar. Eine Entschädigung wurde mit Verweis auf die AGB abgelehnt.
Betreiber muss Obhutspflicht wahren
Das Amtsgericht München kam zu dem Schluss, dass solch ein gänzlicher Haftungsausschuss nicht möglich ist und das Unternehmen einen Schadenersatz zu zahlen hat. Der Fahrtpreis umfasse auch die Beförderung des Gepäcks, daher unterliege der Busunternehmer einer Obhutspflicht. Werde diese verletzt, könne ein Schadenersatz begründet sein. Im vorliegenden Fall stellte das Gericht grobe Fahrlässigkeit fest, da es keine Sicherungsmaßnahmen für das Gepäck gegeben habe.
„Bislang ist diese Entscheidung die erste ihrer Art, nach der eine grundsätzliche Schadensersatzpflicht bei Gepäckverlust bejaht wurde“, teilte die Kanzlei mit. Bisher hätten sich Gerichte nur zu Gepäckverlust bei Bahnfahrten, Flügen oder Fernbusfahrten im Rahmen eines Reisevertrags geäußert.
Von Hannah Sommer