Sicherheitskontrollen am Flughafen gehören bei der Reiseplanung zu den größten Unsicherheitsfaktoren. Bislang lag die Verantwortung für etwaige Verspätungen meist beim Passagier. Nun aber unterstreicht ein Gerichtsurteil die Rolle von Flughäfen.
Wohl jeder Flugreisende kennt das mulmige Gefühl beim Anblick der langen Schlange vor der Sicherheitskontrolle. Die zieht sich nicht selten durch das gesamte Abflugterminal und lässt Passagiere fürchten, ihre Maschine zu verpassen. Tritt dieser Fall tatsächlich ein, können viele Fluggäste zumindest in finanzieller Hinsicht aufatmen. Denn laut einem Gerichtsurteil müssen Flughafenbetreiber eine effektive Abwicklung der Sicherheitskontrollen gewährleisten.
Verspätung trotz Warnung
Im vorliegenden Fall wollte eine Familie im Oktober 2015 von München über Istanbul in die türkische Provinz Hatay fliegen. Der Kläger und seine Verwandten hatten um 12:22 Uhr direkt am Flughafen eingecheckt und sich zur Sicherheitskontrolle begeben. Wegen der langen Schlange wurden sie und weitere Reisende nach einiger Zeit gebeten, sich an einem anderen Kontrollpunkt anzustellen. Befürchtungen des Klägers, er werde seinen Abflug um 13:40 Uhr verpassen, wies ein Flughafenmitarbeiter als unbegründet zurück. Genau dies geschah jedoch. Die Familie wurde auf eine Verbindung am nächsten Tag umgebucht. Dadurch entstanden Mehrkosten in Höhe von 613,96 Euro.
Der Familienvater warf dem Betreiber des Flughafens „Franz Josef Strauß“ in München Organisationsverschulden vor. Er hätte die Sicherheitskontrollen derart gestalten müssen, dass Passagiere rechtzeitig den Flugsteig erreichen können. Der Beklagte hingegen pochte darauf, dass ein Vertragsverhältnis nur zwischen dem Fluggast und der Fluggesellschaft vorliege. Das sah das Amtsgericht Erding anders: Aus dem Vertragsverhältnis zwischen Airline und Betreiber ergebe sich eine Schutzwirkung zugunsten des Passagiers. Daher könnten sich direkte Schadensersatzansprüche gegen den Flughafenbetreiber ergeben, wenn dieser gegen seine vertraglichen Pflichten verstoße – insbesondere beim effektiv organisierten Zugang zum Flug.
Check-in am Schalter kann helfen
Der Flughafenbetreiber muss für 80 Prozent der Mehrkosten aufkommen, der Rest fällt dem Kläger zur Last. Er hätte nämlich nach Ansicht des Gerichts offensiver handeln und direkt an der Sicherheitskontrolle auf seine missliche Lage hinweisen müssen, anstatt in der Schlange stehen zu bleiben. Voraussetzung für eine Erstattung nach einem verpassten Flug ist aber natürlich, dass die Reisenden rechtzeitig am Airport eingetroffen sind. Wer vorab online eincheckt, dürfte bei diesem Nachweis Probleme bekommen.
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Von Jonathan Berg