Ötztal und Pitztal sollen in einem Gewaltakt zum größten Gletscherskigebiet der Welt zusammengeschlossen werden: durch Sprengung eines Berggipfels, der im Weg steht. Doch das ist noch längst nicht alles. Auch begeisterte Pistenskifahrer protestieren gegen den brachialen Eingriff in die Natur.
Das Großprojekt, die Gletscherskigebiete im Pitztal und im Ötztal zusammenzuschließen, stößt nicht nur innerhalb Österreichs auf massiven Widerstand: Nachdem sowohl die österreichische Kronenzeitung als auch die deutsche Bild-Zeitung berichtet hatten, wuchs die Zahl der Petitionsunterzeichner auf derzeit über 134.000. Grund für den Aufschrei, selbst unter aktiven Pistenskifahrern: die brutale Art und Weise, wie hier in die Natur eingegriffen werden soll. Drei bisher naturbelassene Gletscher sollen zu Skipisten umfunktioniert werden, darunter der Mittelbergferner, Tirols zweitgrößter Gletscher. Insgesamt ist eine Fläche von über 116 Fußballfeldern betroffen – es sollen drei Seilbahnen sowie Restaurants und Bars mit einer Kapazität von 1600 Gästen errichtet werden, außerdem vier Kilometer an neuen Straßen und Wegen sowie ein 600 Meter langer befahrbarer Tunnel. Da Teile des Fernerkogels dafür im Weg sind, soll dieser kurzerhand weggesprengt werden: 40 Höhenmeter und 120.000 Kubikmeter Stein, Erde und Eis. Außerdem müssten 72 Hektar Gletscherfläche abgetragen und planiert werden. Das Projekt muss allerdings noch genehmigt werden.
Die Projektbetreiber wiegeln ab, es sei ja nur ein verschwindend geringer Teil der Gletscherfläche, der betroffen sei. Außerdem würde lediglich ein Felsgrat begradigt, kein ganzer Berg gesprengt. Sie verweisen auf die touristischen, sprich wirtschaftlichen Interessen der ansässigen Bevölkerung. Umweltschützer hingegen weisen neben der rechtlichen Überschreitung der Ausbaugrenze darauf hin, dass für die geplante Beschneiung zusätzlich ein asphaltierter Speicherteich (Fassungsvermögen: 40 Sportschwimmbecken) notwendig wird, der natürliche Bäche künstlich ableitet. „Aufgrund des fortschreitenden Gletscherrückgangs müsste hier eine Dauerbaustelle entstehen, um mit immer neuen baulichen Eingriffen und zusätzlicher Infrastruktur den Skibetrieb zu sichern“, warnt WWF-Experte Josef Schrank. Wer schon einmal im Sommer von der Braunschweiger Hütte ins Ötztal gewandert ist, konnte sich bereits überzeugen: Eine Augenweide ist das nicht.
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von Solveig Michelsen