Die Kulturhauptstadt der Schweiz wird zur Kunsthauptstadt Europas! Gut möglich, dass Besucher zwischen Klassikern der Malerei und architektonischen Meisterwerken auch auf klumpfüßige Riesen und lärmende Schrottungeheuer treffen. Es gibt viel zu entdecken in und um Basel.
In der Kunstwelt hat sich die Stadt am Rhein längst einen Namen gemacht. Alljährlich versammeln sich Galeristen, Sammler und Kunstliebhaber auf der Art Basel, der wichtigsten Messe für zeitgenössische Kunst. Am 18. Juni ging die 40. "Art" zu Ende, trotzdem bleibt Kunst in und um Basel ein Thema: Am 26. April öffnete das Kunstmuseum Basel seine Pforten für die Ausstellung "Vincent van Gogh - Zwischen Erde und Himmel: die Landschaften". 70 Exponate erzählen van Goghs Geschichte, vom Beginn seines künstlerischen Schaffens bis hin zu seinem Tod 1890. Sie zeigen Blumenbeete und arbeitende Bauern in seinem Geburtsort Nuenen. Den Dachlandschaften von Paris folgen sich im Wind wiegende Olivenbäume, Zypressen und Weizenfelder in der Provence, die gerade abgeerntet werden. Man sieht Landschaften in Arles und die Ebenen von Auvers.
Wo Christo sich Inspiration holt
Die Leihgaben für die van Gogh Ausstellung kommen aus den großen Museen der Welt - und von nebenan. Aus der Fondation Beyeler, der Kunstsammlung im benachbarten Riehen. Auch hier steht in diesem Sommer ein Höhepunkt des europäischen Kunstkalenders auf dem Programm: Alberto Giacomettis Bronze-Plastiken. Die schlaksigen Figuren mit den überlangen Gliedmaßen haben den Schweizer berühmt gemacht. Noch bis zum 11. Oktober zeigt die Sonderausstellung die Skulpturen mit den charaktersitischen Klumpfüßen, Zeichnungen und Gemälde des Künstlers. Und das in eindrücklicher Umgebung. Das von Renzo Piano entworfene Museumsgebäude und der umgebende Park inspirierten schon Verhüllungskünstler Christo. Der hat vor einigen Jahren die Bäume rund um das Museum kunstvoll verpackt.
Architektonische Glanzlichter in der Stadt der Stühle
Von der Fondation Beyerler ist es nur ein Katzensprung über die Grenze nach Weil am Rhein. Den sollten Architekturbegeisterte unbedingt wagen. Das Stuhlmuseum, eigentlich Vitra Design Museum, verhalf der Stadt zu ihrem Beinamen „Stadt der Stühle“. Überall trifft man auf überdimensionierte Nachbauten der bekanntesten Designer-Stühle aus dem Hause Vitra, dessen Firmengelände eher einem Architektur-Park als einem Industriestandort gleicht. Das Herzstück, das Museum, entstammt der Feder von Frank O. Gehry. Auf dem Vitra Campus realisiere er sein erstes Projekt auf europäischem Boden - noch vor dem Guggenheim Museum in Bilbao. Hingucker sind auch die "Firestation" von Zaha Hadid oder das Konferenzgebäude von Tadao Ando. Für das VitraHaus, das noch in diesem Jahr fertiggestellt werden soll, wurden Herzog & de Meuron beauftragt. Das Basler Architekten-Duo hat etwa durch die Allianz Arena in München oder das „Birds Nest“ in Peking weltweit einen Namen gemacht.
Surreales aus Schrott
Architektonisch interessant ist auch der Sandsteinbau des Jean Tinguely Museums von Mario Botta. Allerdings stehlen ihm die Exponate im Inneren die Schau. Tinguelys Maschinen- und Schrottskulpturen sind nämlich ein wahres Erlebnis. Sie sind riesengroß, rattern, quietschen, krachen oder speihen Wasser. Jean Tinguelys Arbeiten stecken voller Lebenslust, Ironie und Poesie. Übigens, bestaunen kann man sie auch außerhalb des Museums: Auf dem Baseler Theaterplatz steht der Fasnachtsbrunnen. Aus einem Becken schaufeln, spritzen oder sieben zehn Skulpturen Wasser, ohne je eine Pause einzulegen. Das überlassen sie den Passanten, die sich gerne in Sichtweite setzen und das Spiel eine Weile beobachten. Zum Beispiel während sie auf den Eintritt in die nahe gelegene van Gogh-Ausstellung warten.
Von Lea Geitlinger, MARCO POLO News-Redaktion