Seit Jahrzehnten gammeln rund zwei Dutzend stillgelegte Stationen der Londoner Metro ungenutzt vor sich hin. Nun will ein junger Unternehmer die alten Haltestellen zu unterirdischen Pubs, Museen und Freizeitparks ausbauen. Der Bahnbetreiber hält jedoch nichts von den Plänen.
Bei Nachforschungen stieß der 38-jährige Bankberater Ajit Chambers auf 26 stillgelegte U-Bahnstationen, die zum Teil seit 70 Jahren nicht mehr in Betrieb sind. Darunter befinden sich auch historische Denkmäler wie etwa die Down Street Station am Hyde Park, die Winston Churchill im Zweiten Weltkrieg für einige Kabinettssitzungen nutzte, oder die teilweise renovierte Aldwych Strand Station von 1907, die als Kulisse in einem der Harry Potter Filme diente. In den unterirdischen Tunneln und Gewölben sieht der Brite ein großes Potential für den Tourismus und versucht daher seit 2009 Investoren und mögliche Mieter vom Ausbau der geschlossenen Stationen zu Touristenattraktionen zu überzeugen. Ob Kneipen, Restaurants, Konzerthallen oder Museen - "die Möglichkeiten sind endlos", schwärmt Chambers von seiner Idee.
Mini-London im Untergrund
Nach Chambers gibt es bereits erste Interessenten für das außergewöhnliche Projekt. Dazu gehöre beispielsweise die Londoner Firma Castle Climbing, die bereits ein Wasserkraftwerk erfolgreich in eine Kletteranlage umfunktioniert hat und sich dies auch unterirdisch vorstellen kann. Ein österreichisches Unternehmen denke dagegen über eine Miniaturwelt mit Londoner Sehenswürdigkeiten nach. Für den Startschuss zur Verwirklichung des ehrgeizigen Projekts müsste allerdings Boris Johnson, Londons Bürgermeister und Chef der U-Bahn-Betreiberfirma "Transport for London", grünes Licht geben. Das Unternehmen hat jedoch wegen Sicherheitsbedenken und auf Grund von „praktischen Problemen“ wenig Interesse an einer Zusammenarbeit. Auch die Rentabilität bei den anfänglich geschätzten Investitionskosten von 200 Millionen Pfund ist ungewiss, so dass viele Underground-Kenner das Projekt zum Scheitern verurteilt sehen: "Chambers ist ein Träumer", sagt Nick Catford vom Hobbyforscher-Netzwerk Subterranea Britannica. "Die Idee klingt gut, aber die Kosten wären gigantisch".
Testphase während der Olympischen Spiele
Abgesehen von wirtschaftlichen Aspekten ist das Interesse an Londons Unterwelt jedoch groß. Dies bestätigen beispielsweise die Besucherzahlen des Londoner Transport-Museums sowie die ausverkauften Tickets zur Öffnung eines Tunnels unter der Themse aus viktorianischer Zeit im März 2010. Einen wichtigen Impuls für das Projekt erhofft sich Chambers nun von den Olympischen Spielen 2012 in London: Die Öffnung einer der alten Stationen für Touristen und deren Resonanz sollen die Zweifler von der Idee letztendlich überzeugen.
Von Martin Fuchs, MARCO POLO News-Redaktion