Betrachtet man lediglich die ökonomische Seite, dann ist der weltweite Tourismus eine Erfolgsgeschichte. Mit ihm werden jährlich rund 700 Milliarden Euro umgesetzt. Etwa jeder elfte Arbeitnehmer weltweit arbeitet in dieser Branche. Der Tourismus hat damit vielen Menschen einen Weg aus der Armut gezeigt.
Doch das größte Stück vom Kuchen bleibt nicht in den Entwicklungsländern hängen, sondern bei den Reiseveranstaltern, Hotelketten und Fluglinien der reichen Nationen. Zudem bedienen sich Touristikunternehmen nicht immer feiner Methoden, wenn es darum geht, das heile Bild von Sonne, Strand und guter Stimmung aufrechtzuerhalten. So werden beispielsweise Einheimische für den Bau von Luxushotels von ihrem Grund und Boden vertrieben, verschwenden Resorts und Golfplätze wertvolles Wasser oder werden Angestellte im Tourismus bei sehr langen Arbeitszeiten mies bezahlt. Und die Internationale Arbeitsorganisation ILO schätzt, dass weltweit 13 bis 19 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren im Tourismus beschäftigt sind.
Wasserknappheit, Landenteignung oder ausgebeutetes Personal: Bei all diesen Beispielen werden fundamentale Menschenrechte verletzt. Oftmals wird den Interessen der Tourismuswirtschaft Vorrang vor grundlegenden Rechten der Bevölkerung gegeben. Die Selbstverpflichtungen der Reisebranche reichen nicht aus, um den Einheimischen zu ihrem Recht zu verhelfen. Auch die Regierungen der jeweiligen Länder sind gefordert. Ihnen fehlen häufig die Institutionen, ausländische Tourismusunternehmen zu kontrollieren. Oder der Wille dazu, weil sie direkt vom Tourismus profitieren.
Doch in die Reisebranche ist Bewegung gekommen. Ähnlich wie beim Fairen Handel sind am Reisemarkt die ersten fairen Tourismus-Siegel aufgetaucht (die 20 wichtigsten, siehe tourism-watch.de/files/nfi_tourismus_labelguide_web.pdf). So können sich Tourismusunternehmen seit 2009 mit dem Siegel CSR-Tourism-Certified (www.tourcert.org) auszeichnen lassen, das die Dienstleistungskette einer Reise bewertet. Dies beginnt beim Papierverbrauch im Reisebüro, geht über die Größe der Reisegruppen und reicht bis zur Auswahl geeigneter Hotels, die festgelegte Sozial- und Umweltnormen erfüllen. Zahlreiche Spezialreiseveranstalter, die im forum anders reisen (www.forumandersreisen.de) zusammengeschlossen sind, haben sich inzwischen zertifizieren lassen. Einer von ihnen, der deutsche Südafrika-Reiseveranstalter SKR (www.skr.de), bietet seit 2011 die erste Fair Trade-zertifizierte Reise an.
Sozial verantwortliches und umweltbewusstes Reisen liegt im Trend, doch das Angebot ist noch sehr begrenzt. Vieles hängt vom Verhalten der Reisenden ab. Fair reisen fängt bereits zu Hause mit der entsprechenden Vorbereitung an, sei es mit Hilfe der "Sympathiemagazine" des Studienkreises für Tourismus und Entwicklung, den Büchern der Reihe "Kultur-Schock" des Verlags Reise-Know How, oder dem Büchlein "Fair Reisen mit Herz und Verstand" des Evangelischen Entwicklungsdienstes EED – alle voller praktischer Verhaltenstipps für Reisende. Wer mit einem Reiseveranstalter in den Urlaub geht, sollte dessen Angaben zur Umweltverträglichkeit und zu den sozialen Auswirkungen der Reise vor Ort prüfen. Wer Defizite feststellt, sollte den Veranstalter schriftlich informieren.
Kompensationszahlungen sind momentan die einzige Form, die An- und Abreise zum/vom Urlaubsort klimafreundlich zu gestalten. Die Teilnahme an solchen Programmen sollte für Flug- aber auch für Schiffstouristen selbstverständlich sein. Da auch Reisen mit dem Bus, der Bahn oder dem privaten PKW CO2- Emissionen verursachen, sollte man auch hier an eine Ausgleichszahlung denken. Seriöse Anbieter von Kompensationsprogrammen sind Atmosfair (www.atmosfair.de), Myclimate (www.myclimate.org) oder Klima-Kollekte (www.klima-kollekte.de).
Text: Frank Herrmann
Die Cartoons von Marlene Pohle wurden uns freundlicherweise von KATE (www.kate-stuttgart.org) zur Verfügung gestellt.