Man steht nicht alle Tage im Badezimmer eines Diktators. Aber falls es sich doch mal ergibt, etwa im Rahmen einer Reise mit dem legendären Orient-Express, dann sollten Lichtempfindliche ihre Sonnenbrillen nicht vergessen. Es gleißt und blendet nämlich ganz gewaltig in der Bukarester Villa des Ex-Diktators Nicolae Ceauşescu. Goldener Mosaikbelag, goldene Armaturen, Goldrausch auch in den Zimmerfluchten davor – sogar das mitreisende Ehepaar aus Dallas zeigt sich beeindruckt. Man kann es an den spitzen Schreien erkennen, und an der unausgesprochenen Frage, wie sich solche Details wohl zu Hause machen würden. Daher auch die überraschende Frage an den rumänischen Guide: „Ist Goldmosaik pflegeleicht?“
Das war am Dienstag. Dienstag war Bukarest-Tag, und die wilden Musiker, die mit Panflöten in den Händen am Baneasa Bahnhof auf den Orient-Express warteten, wirkten wie Wesen von einem anderen Stern. Das könnte man freilich genauso gut von den exklusiven Zugreisenden behaupten. Eine Handvoll gut Betuchter in luxuriösen Waggons. Der Zug: ein nachtblauer Traum, mit Stewards in weißen Handschuhen und messingblanken Knöpfen an den dunkelblauen, goldgesäumten Uniformen. Der bekannteste Zug der Welt ist wie eine Art Luxusrestaurant. Eines mit drei Räumen in Art déco, mit ins Glas geätzten Reliefschönheiten und edlen Blumenstraußfurnieren, mit schwarzen Lackpaneelen in feinster, exotischer Chinoiserie des 19. Jhs. und mit elegant grünem Samtmobiliar. Auch vom Personal nur das Allerbeste: französischer Chef, japanischer Gemüseschneide-Samurai hinter den Kulissen, italienische Kellner sowieso. Denn wer sonst hätte die Nerven, das leichte Rütteln und den engen Raum auf Dauer zu verkraften.
2577 km legt der Venice Simplon-Orient-Express auf seiner östlichen Route von Istanbul kommend nach Venedig zurück. Dass die Länder, die er dabei durchquert – die Türkei, Bulgarien, Rumänien, Ungarn, Österreich, schließlich Italien – mit leicht verstaubtem Charme daherkommen, manchmal sogar Gänseherden Teile der Strecke begleiten, passt perfekt zur besonderen Romantik dieser Bahnreise. Denn früher oder später verwandelt sich die nostalgische Tour in das, was sie schon in den 20er-Jahren, zur Blütezeit des Orient-Express’, war – in eine Art grandioses Kostümabenteuer. Welches im Übrigen seinen Preis hat: Rund 5000 Euro sind für den Schienenausflug in die Vergangenheit zu bezahlen.