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Die 10 gefährlichsten Straßen der Welt
Die 10 gefährlichsten Straßen der Welt

Für die einen sind sie der Albtraum schlechthin, die anderen werden von ihnen magisch angezogen. Die gefährlichsten Straßen der Welt haben in der Tat einiges zu bieten: gähnende Abgründe ohne sichernde Leitplanken, sandige und rutschige Pisten, obendrauf noch abschüssig, plötzlich anschwellende Bäche, von Lawinen und Erdrutschen bedrohte Berghänge und knisterndes Eis unter den Rädern. Wir stellen die abenteuerlichsten unter ihnen vor.

Yungas-Straße, Bolivien

„El camino de la muerte“ (Straße des Todes) nennt man die Yungas-Straße, die von La Paz in das 56 Kilometer nordöstlich gelegene Coroico führt. Paraguayische Häftlinge erbauten die Yungas-Straße in den 1930er Jahren – ungeteert, ohne Leitplanken und dicht am Abgrund. Der La-Cubmre-Pass markiert den höchsten Punkt auf 4650 Metern, bevor die Straße wieder auf rund 1200 Meter abfällt. Feucht-warme klimatische Bedingungen weichen den Straßenuntergrund oft auf und sorgen für geringe Sichtweiten. Auch mit Steinschlag und Erosion ist auf der Strecke jederzeit zu rechnen. Um den Abstand zum Abgrund besser einschätzen zu können, ist auf der Strecke – anders als im restlichen Bolivien – der Linksverkehr angeordnet.

Seit 2007 gibt es zum Glück eine längere und bequemere Umgehungsstraße. Die Zahl der rund 200 bis 300 jährlichen Todesopfer ist seitdem drastisch gesunken. Heute zieht die Straße des Todes vor allem Downhill-Fahrer an, die aus touristischem Interesse hierherkommen.

Manali-Leh Highway, Indien

Der „Highway“, der die Städte Leh in der Region Ladakh und Manali im Bundesstaat Himachal Pradesh verbindet, ist in vielen Teilen nur einspurig ausgebaut und führt über einige der höchsten befahrbaren Bergpässe der Welt: über den Rohtang La (3978 m), den Baralacha La (4892 m), den Lachulung La (5059 m) und den Tanglang La (5325 m), den zweithöchsten befahrbaren Pass der Erde. Aufgrund der Höhe ist die Straße in der Regel nur zwischen Juni und Mitte September geöffnet. 


Neben Schneemassen ist die Straße auch von Erdrutschen immer wieder bedroht. Die indische Armee, die diesen Highway instandhält, leistet jedes Frühjahr wieder ganze Arbeit, um den Straßenzustand einigermaßen erträglich zu machen. Trotzdem kommt man über eine Geschwindigkeit von 15 bis 20 km/h kaum hinaus. Zahlreiche abgestürzte Fahrzeuge erinnern einen immer wieder daran, das Tempo zu drosseln.

Srinagar-Leh Highway, Indien

Der mehr als 400 Kilometer lange National Highway 1D führt über den 3530 Meter hohen Zojila-Pass und verbindet die Ladakh-Region mit Kaschmir. Berühmt-berüchtigt sind die gewaltigen Schneeverwehungen auf der Route – 2008 wurden Schneehöhen von 18 Metern auf der Straße gemessen. Aus diesen Grund ist sie in der Regel nur zwischen Juni und November passierbar.  Extreme Steigungen, eine sehr schmale Fahrbahn und der permanente Steinschlag kommen noch hinzu.


Grand Trunk Road, Indien/Pakistan/Bangladesch

Die 2500 Kilometer lange Grand Trunk Road (oder GT Road) ist eine der ältesten und bedeutendsten Fernstraße Südasiens und verbindet seit Jahrhunderten die heutigen Staaten Indien, Pakistan und Bangladesch. Gefährlich macht sie vor allem ihr hohes Verkehrsaufkommen. Neben Schrottkarren und rostigen Bussen sind auch Ochsenkarren, Dromedare und Fußgänger hier unterwegs, was nicht nur zu erheblichen Staubildungen führt, sondern auch die Unfallgefahr dramatisch erhöht. In Indien, dem Land mit über 100.000 jährlichen Verkehrstoten – den meisten weltweit –, führt die Trunk Road die traurige Statistik an.

Guoliang-Tunnel, China

Der Guoliang-Tunnel in China darf sich nicht nur in die Liste der gefährlichsten Straßen weltweit einreihen, sondern sticht auch durch seine unglaubliche Konstruktionsgeschichte hervor: Da das 300-Seelen-Dorf Guoliang in der chinesischen Provinz Henan nur durch einen anspruchsvollen Fußweg mit der Außenwelt verbunden war, ersuchte man die Regierung um den Bau einer Straße. Nachdem dies aber abgelehnt worden war, taten sich 1972 die 13 stärksten Männer des Dorfes zusammen, um mit einfachen Handwerkzeugen wie Hämmern und Meißeln dem steilen Felsmassiv eine Straße abzutrotzen. 


Fünf Jahre und zahlreiche Todesopfer später wurde die 1,2 Kilometer lange, 4 Meter breite und 5 Meter hohe Straße eingeweiht. Die Isolation des Dorfes war erfolgreich beendet. Mit dem spektakulären Tunnel mit den 30 Fenstern besuchen nun sogar zahlreiche Touristen das einst abgeschnittene Örtchen.

Karakorum Highway, China/Pakistan

Der Karakorum Highway (KKH) gilt als höchste asphaltierte Fernstraße der Welt, obwohl sie am höchsten Punkt, dem 4693 Meter hohen Khunjerab-Pass nur auf der chinesischen Seite mit einer Teerdecke versehen ist. Immer wieder schlängelt sich die sehr enge, gerade mal autobreite Straße an steilen Berghängen entlang. Der Blick wechselt zwischen dem mehrere hundert Meter tiefen Abgrund und den ständig von Erosion bedrohten Hängen, die bei nassem Wetter schnell zur ernsten Bedrohung werden können.

Im Jahr 2010 staute ein gewaltiger Bergsturz im Hunzatal einen neuen See auf, der 22 Kilometer des Highways unter Wasser setzte. Bis heute muss die Strecke über den Attabad-See mit einem Boot bewältigt werden, das sich zu einem einträglichen Geschäft für die lokale Bevölkerung gemausert hat. Währenddessen graben die Chinesen an einem Tunnel, der diesen Abschnitt umgehen soll.

Tibbitt-Contwoyto-Eisstraße, Kanada

Die knapp 600 Kilometer lange Route von Tibbitt nach Contwoyto gilt als längste Eisstraße der Welt: Sie führt zu 87% über zugefrorene Seen und kann deshalb nur an rund zwei Monaten im Jahr sicher befahren werden. Zu Beginn der Saison transportieren die Trucks bis zu 12.000 Liter Diesel; mit Zunahme der Eisdicke können es bis zu 50.000 Liter werden.

Aus Sicherheitsgründen darf kein Truck allein unterwegs sein, oft ist es ein ganzer Konvoi. Denn eine Panne kann bei den niedrigen Temperaturen schnell schwere Folgen haben. Die Höchstgeschwindigkeit ist mit 25 km/h festgesetzt, beim Übergang auf eine Landpassage sollten es nicht mehr als 10 km/h sein. Gefahren wird mit Sichtkontakt, aber mit etwa 500 Metern Abstand. Schließlich will man nicht zu viel Gewicht auf einen Punkt bringen.

Die Trucker dürfen bis zu 15 Stunden am Tag fahren, sofern sie acht Ruhestunden einhalten. Auf der Eisstrecke muss bzw. darf jedoch nicht angehalten werden: Den Motor muss man laufen lassen, und die Vibrationen und die Abwärme könnten dem Eis zusetzen.

Trollstigen, Norwegen

Selten wird eine Straße selbst zur Touristenattraktion. Trollstigen, die „Leiter der Trolle“, hat es geschafft. An vollen Tagen winden sich bis zu 2500 Fahrzeuge die elf Haarnadelkurven hinauf – mit bis zu 12% Prozent Steigung. Als Teil der Provinzstraße 63 führt sie vom Isterdal weiter zum Romsdal und führt dabei durch die schönsten Naturlandschaften – ein weiterer Grund für ihre Attraktivität.

Die Fahrbahn ist an vielen Stellen sehr schmal, sodass entgegenkommende Fahrzeuge immer eine Herausforderung sind. In den Jahren 2005 bis 2012 wurden einige Kurven entschärft, was den Charakter der Trollstigen aber nicht verändert hat. Oben am Pass lockt eine Aussichtsplattform mit berauschenden Blicken; auf der Hälfte der Route fährt man außerdem über einen 320 Meter hohen Wasserfall. Da der Pass im Winter mit Lawinen und Erosion zu kämpfen hat, ist die Straße nur von Mitte Mai bis Oktober freigegeben.

Carretera Hiram-Bingham, Peru

Wer nach Macchu Piccu möchte, kommt um sie nicht herum: die Straße von Aguas Calientes hinauf zur Inka-Stätte. 13 Haarnadelkurven winden sich den steilen Berghang hinauf, der immer wieder von Erdrutschen bedroht wird. Sichtbares Zeichen sind die Felsbrocken und Schlammlöcher auf der Schotterpiste, die von zahlreichen Hotels und Restaurants flankiert wird. Theoretische herrscht das ganze Jahr über Kettenpflicht, nur hält sich kaum jemand daran.


Wem das alles ein wenig zu aufregend ist, kann auf eine Alternative zurückgreifen: Es gibt auch einen (noch steileren) Fußweg, der über Treppen zum UNESCO-Welterbe führt.

Straße zum Cotopaxi, Ecuador

Nichts für den Familienurlaub! Die Straße, die den Pan American Highway mit dem Cotopaxi-Nationalpark verbindet, fordert jährlich einige Leben. 40 Kilometer auf einer Schotterpiste mit riesigen Schlaglöchern sind nur etwas für den geübten Fahrer. Selbst an kleinen Bächen, die man furten muss, können nach schon geringen Niederschlägen Sturzfluten auftreten. Ein zuverlässiger Wetterbericht vor Befahrung der Straße ist also unerlässlich.

Dazu kommen enge Haarnadelkurven an steilen Abhängen, die weder durch Leitplanken noch anderweitig geschützt sind. Die Oberfläche der Piste besteht aus Schotter und Sand, was sie bei Nässe recht rutschig macht. Ein Allradfahrzeug ist hier nicht fehl am Platz. Die Autofahrer in Ecuador sind außerdem für ihre meist schon sehr alten Autos und ihren besonders eigenwilligen Fahrstil bekannt. Die beeindruckende Landschaft links und rechts der Route sollte also nur vom Beifahrer bewundert werden.


von Solveig Michelsen