Einsamkeit pur: Nur 40 000 Coasters versuchen, dem Leben hinterm Westküsten-Wasservorhang Freude abzutrotzen, meist trinkfeste Eigenbrötler, verschlossen und rau, aber durchaus herzlich. Sie leben in Siedlungen, von denen die meisten aussehen, als ob die Zeit der Pioniere noch lange nicht vorbei ist. Grenzland, auch in den Köpfen: was zählt ist die Individualität, das Leben ist hart und die Regierung weit, Freiheit ein hohes Gut. Kein Wunder, dass sich das Städtchen Hokitika da wie eine kleine, blank geputzte Insel der Zivilisation präsentiert. Hier lässt sich prima shoppen: Jade, der spirituelle Stein der Ureinwohner, ist zum Schmuck für Touristen geworden. In den vielen Kunstgewerbeläden von Neuseelands größtem Jade-Exporteur finden sich überall stilisierte Walfinnen, Angelhaken, Farnblättern und andere Maori-Symbole.
Die Küste der Exzentriker – sie wird es wohl noch lange bleiben, wenn auch langsam die Außenwelt über die steilen Grate der Südalpen in das Weltnaturschutzgebiet schwappt. Besonders deutlich wird das in Franz Josef und Fox Village: In den winzigen Siedlungen, die fast nur aus Hotels, Herbergen und Restaurants bestehen, trifft sich, wer mit dem Flugzeug oder dem Helikopter zum Mount Cook will, mit rund 3750 m Neuseelands höchstem Berg. Oft liegen er und die anderen Gipfel in den Wolken, ihr eisiger Hauch ist aber auch im Tiefland zu spüren. Denn der Fox- und der Franz Josef-Gletscher winden sich durchs satte Grün des bemoosten Urwalds aus Eiben und Buchen. Ein unwirklicher, weltweit einmaliger Kontrast – die nahe Antarktis lässt grüßen.
Verlassene Goldgräberstädte, spiegelblanke Seen, Strände voll zerzaustem Charme und immer wieder Wald, Wald Wald, „the coast“ ist tatsächlich ein verwunschenes Land. Vor allem am südlichen Ende, im Fiordland National Park, wo Neuseeland direkt aus dem Pazifik in schwindelnde Höhen steigt. Milford Sound heißt der berühmteste der Fjorde, und eine Bootstour entlang der steilen Felswände gehört zum Schönsten, was die Insel am Ende der Welt zu bieten hat. Robbenkolonien, Delphinschwärme, vom Winde verwehte Wasserfälle und Kanuausflüge im abendlichen Zwielicht bleiben unvergesslich. So, wie die Tour zum Doubtful Sound, einem ebenfalls noch leicht erreichbaren Nachbarn des Milford Sound. Die anderen Fjorde erlebt nur, wer dem Regen trotzt, den Sandflies, der Einsamkeit, und zu Fuß in die unberührte Wildnis des Nationalparks aufbricht.
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