Cafés in Budapest: Große Kunst

Sein Blick glimmt noch heute. Ja, selbst das Schwarz des Oberlippenbärtchens hat es in sich. Ein tiefdunkles Schwarz, eines, in das man sich fallen lassen könnte. „Unsär Graf Andrassy”, sagt die charmante PR-Dame des Hotels mit unverkennbarem Akzent, „war der schänste Mann seiner Zeit.“ Und dann serviert sie ein Sätzchen wie eine Praliné der Budapester Patisserie: „Angäblich war er auch der Geliebte der Kaiserin Elisabäth”. Kleine Indiskretionen als Salz in der Suppe erhalten den Appetit – auch wenn sich Graf Andrassys eindrucksvolles Konterfei daraufhin kurz verdüstert. Der Grund dafür ist allerdings eine Wolke, die sich draußen vor die pannonische Sonne schiebt und die dem meisterlich gearbeiteten Glasmosaik-Porträt im Gang des Gresham Palace kurz ein wenig die Strahlkraft raubt.

Atemberaubende Blickfänge

Doch das soll weiter nicht stören. Blickfänge hält die schönste europäische Hotelneueröffnung der letzten Zeit auch so in atemberaubender Fülle bereit. Als ob die nahebei gluckernde Donau für die fließenden Wellen des Mauerwerks gesorgt hätte, so kommt einem das Dekor des Art Noveaux-Gebäudes vor: Wassergrüne Fliesen und orientalisch-feminine Kuppeln. Schimmerndes Schildpatt am Suitenbetthaupt. Und mit dem Gresham Kávéház natürlich die schickste Café-Bar der Stadt – aber keineswegs die einzige. Denn die Restaurierung das Gresham Palace ist lediglich eine Etappe.

Die schönsten Oasen der Stadt

Als Budapest nach der Wende stückweise auf Vordermann gebracht wurde, fiel der Fokus bald auch auf die wahren Oasen der Stadt: die prächtigen, alten, und im Laufe der Verstaatlichung leider auch etwas schmuddelig gewordenen Cafés. Davon ist heute nicht mehr viel zu spüren. Rechtzeitig zum neuen Jahrtausend wurde bereits das legendäre Centrál vor sieben Jahren neu eröffnet. Quadratische Marmortischchen finden sich hier wie gehabt, dazu Schachspieler, alte Männer mit zu zweiter Haut gewordenen Fischgrät-Sakkos, tiefen Denkerfurchen an der Stirn und höchst ökonomischen Bewegungen. Kellner in weißen langen Schürzen fügen sich ins nostalgische Inventar, und an den Bänken glänzen neue Lederbezüge.

New York in Budapest

Auch letztes Jahr wurde eine geliebte Institution nach fast sechsjähriger Restaurierung mit viel Pomp und Trara der Budapester Öffentlichkeit vorgestellt: das ursprünglich 1894 in Betrieb gegangene Café New York. Kritiker bezeichneten es daraufhin prompt als schönstes Kaffeehaus der Welt. Eines der prächtigsten ist es allemal: Teil eines einst von der New York Life Insurance Company errichteten eklektizistischen Prestigebaus und fast schon mehr Palast als Café. Bemalte Fresken, mit rotem Stoff bezogenes Festsaalmobiliar, opulente Empireleuchten beweisen das auf Anhieb. Nicht zu vergessen die auffällige Fassade: 16 teuflisch dreinblickende Faune (Hirtengötter) springen dort den Passanten entgegen.