Diese Arbeit ist kein Zuckerschlecken. Mit dem Unterarm wischt sich der Mann den Schweiß von der Stirn, seine Gummihandschuhe sind feucht vom Meerwasser. Es ist die x-te Kiste, die er von dem blauroten Trawler auf den Holzsteg hievt – allesamt randvoll mit dem Fang des Tages: Petersfisch, Rotbarben, silbrige Sardinen. Doch dann kommt das Beste vom Besten: der Beifang. Einige Krebse sind dabei, Seespinnen und – das Tüpfelchen auf dem i: wilde Austern, manche so groß wie eine ausgestreckte Hand. Die so genannten Pferdefüße sind mindestens zehn Jahre alt – für Kenner eine absolute Delikatesse.
Von Cäsar bis Napoleon
Die Austern sind das größte Kapital im nordbretonischen Cancale. Auf mehr als 1000 ha werden sie in schachbrettartigen Gehegen in der Bucht des Hafenstädtchens gezüchtet. Manch eine entwischt in die Freiheit und wächst zu einem riesigen Pferdefuß heran. Schon Julius Cäsar, der Sonnenkönig Ludwig der XIV. und Napoleon schworen auf Austern aus Cancale. Und noch heute gelten sie als die besten in ganz Frankreich.
Besuch im Schlemmerparadies
Doch auch über die Austern hinaus hat sich Cancale einen Ruf als Schlemmerparadies erworben. Unter spitzen Fachwerkgiebeln duftet es nach frischen Waffeln und in trutzigen Granithäusern werden Karamelbutter und Pommeau, der typische Apfel-Aperitif, verkauft. Die Touristen machen es sich auf den verglasten Veranden der urigen Restaurants an der Hafenmole gemütlich und lassen es sich bei Crêpes und Meeresfrüchten gut gehen. Zum Pflichtprogramm gehört ein Besuch des kleinen Marché aux Huîtres am Fuß des Leuchtturms. Ein Teller frische Austern, dazu ein Baguette und eine Flasche süffiger Muscadet – was könnte es Schöneres geben?