Voll unbeschreiblicher Würde und Grandiosität liegt er vor uns: der „Schattige Platz“, wie die Aborigines ihre heilige Stätte nennen. Ehrfurcht macht sich in mir breit. Chris, unser Tourguide, stellt gleich die Frage der Fragen: „Wer will hoch klettern?“ Jeder blickt um sich, sucht nach Verbündeten. Stille. Dann schnellen die ersten Arme nach oben. „Wir, wir wollen hoch!“, prescht Marc vor und deutet auf sich und seine zwei Freunde aus England. Sie sind nicht die einzigen. Mehr als die Hälfte unserer Gruppe kommt der Bitte der Aborigines nicht nach: den Fuß nicht auf den heiligen Berg zu setzen, dessen Eisenpartikel in der Sonne satt rot reflektieren. Ich verzichte und mache mich gemeinsam mit Nora, Ärztin aus Alice, auf den 9 km langen Rundgang. Der Berg zieht uns von der ersten Sekunde an in seinen Bann. Wir starren auf ihn, versuchen ihn zu begreifen. Ich schaffe es nicht, meinen Blick abzuwenden. Was macht bloß die Faszination aus? Der 348 m hohe Koloss wirkt, als sei er eines Tages einfach vom Himmel gefallen. Inmitten des Nirgendwo zieht er jährlich Hunderttausende von Touristen an. Es scheint, als hätten wir einen guten Tag erwischt: Auf unserem zweistündigen Spaziergang begegnen wir gerade einmal einer Handvoll kamerabewaffneter Schaulustiger. Doch Vorsicht: Schnappschüsse sind nicht überall erlaubt. Viele heilige Stellen darf man nicht nur nicht betreten, sondern auch nicht fotografieren. An manchen Orten zeugen über 30 000 Jahre alte Höhlenzeichnungen von religiösen Zeremonien. Diese finden auch heute noch statt – die Rituale werden allerdings fernab der Touristenströme abgehalten.