Eigentlich ist es mein ganz persönlicher Alptraum: eine Nationalparktour in einem Reisebus. Heute aber erwischt es mich. Statt eines Geländewagens oder Minivans mit Vierradantrieb wartet ein silberner Riesenbus mit blauem Windhundemblem im Morgengrauen am Transit Centre Darwins, um uns zum Kakadu-Nationalpark zu bringen. Außer mir fahren noch drei weitere Reisende mit, wir sehen uns verwirrt an - satte 95 % unseres Busses sind leer.
Wir steuern das von der UNESCO als “Erbe der Menschheit“ ausgewiesene Parkterrain an. Unser erster Stopp: die Nourlangie-Felsformation – eine jahrtausende-alte Steingalerie. Hier haben die Aborigines bereits vor mehr als 20.000 Jahren Geschichten auf Sandstein gemalt. Perfekter Startpunkt meiner Reise zum spirituellen Erbe der Ureinwohner. Die Bilder und Symbole erzählen von Jagderfolgen und aus der Traumzeit. Zeichnungen des hier besonders beliebten Barramundi-Fisches im Röntgenstil, der Innereien und Gräten zeigt, sind ebenso zu sehen wie Nabulwinjbulwinj, ein böser Geist, der Frauen verspeist und Ngalyod, die Regenbogenschlange, eines der wichtigsten Schöpferwesen. Die Malereien erzeugen Ehrfurcht und Respekt vor der ältesten lebendigen Kultur der Welt, der diese Zeichnungen als Wissensspeicher dienen. Doch nicht nur dieses gigantische Bilderbuch aus vergangenen Zeiten fasziniert mich. Vom Nawurlandja-Aussichtspunkt schweift mein Blick über Felsvorsprünge und tropische Baumwipfel hinüber ins geheimnisvolle Arnhem Land. Es ist das größte Gebiet im Besitz der Aborigines – das ohne Genehmigung kein Fremder betreten darf. Hier können die Ureinwohner ihr traditionelles Leben führen, fernab der Zivilisation.