Ein strahlender Mittwochmorgen. Keine Wolken weit und breit, dafür Waggons bis zum Horizont. Ich stehe kurz vor neun am Bahnhof in Darwin, bereit, meine 24-stündige Reise im „Never Never Train“ nach Alice Springs anzutreten. In Alice, wie der 20000-Seelen-Ort inmitten des roten Herzens Australiens genannt wird, werde ich einen mehrtägigen Stopp einlegen. Nicht, dass ich Angst hätte, es keine 47 Stunden am Stück in der rollenden Legende auszuhalten. Solange dauert der gesamte Trip, von Küste zu Küste, von Darwin nach Adelaide. Mitnichten! Doch von Alice aus werde ich zu drei grandiosen Outback-Attraktionen aufbrechen: Uluru (Ayers Rock), Kata Tjuta (Olgas) und Kings Canyon. Danach geht es wieder auf die Schiene.
Punkt 10 Uhr ist es soweit: Die Diesellokomotiven setzen sich gemächlich in Gang. Ich mache es mir in meinem „Red Kangaroo Daynighter“-Sitz bequem. Nun ja, mit der Gold-Klasse und ihren Deluxe-Kabinen im Orient-Express-Stil (mit eigenem Badezimmer in Telefonzellengröße) kann mein Platz nicht mithalten. Doch auch mein Sitznachbar, Garreth, Bahnfan im Ruhestand, ist begeistert: „Ich hätte nicht gedacht, dass die billigste und schönste Art nach Alice zu reisen auch noch die gemütlichste ist.“ Dann beginnt er, mir die Geschichte des Zugs zu erzählen. Dass der Spitzname des Ghan “Never Never Train“ lautet, da er durch eine der ödesten Landschaften der Welt fährt und viele Aussies es nicht für möglich hielten, dass er überhaupt jemals die Strecke von Darwin nach Adelaide zurücklegen würde, wusste ich bereits. Auch dass Ghan die Abkürzung für „Afghan Express“ ist. Doch egal, es macht Spaß, Garreth zuzuhören, wenn er mit leuchtenden Augen von den afghanischen Kameltreibern erzählt. Diese wurden im 19. Jh. mit ihren Kamelen von den Briten ins Land gelockt. „Nur Kamele konnten in dieser unwirtlichen Gegend die schweren Lasten transportieren, die zum Bau der Bahntrasse benötigt wurden, und der erbarmungslosen Hitze und gnadenlosen Trockenheit trotzen.“ Nachdem Lastwagen die Arbeit der Kamele ersetzten, wurden sie in die Unendlichkeit der Wüste entlassen. So ist Australien heute das Land mit den meisten wild lebenden Kamelen.