Wer sich den Eismassen des Aialik-Gletschers nähert, spürt nicht nur eine beißende, plötzliche Kälte im Gesicht, sondern kann ihn auch hören, den Gletscher: Ein Knistern, Krachen und Bersten füllt die Luft, dazwischen wieder Ruhe, dann plötzlich ein Knall, der klingt wie ein Pistolenschuss, ohne dass sich am Aialik-Gletscher sichtlich etwas verändert hat. Doch da – eine Eisspitze senkt sich immer weiter nach vorne, in Ultrazeitlupe. Erst gut zehn Minuten später rauscht der Eisschwall dann mit einem dumpfen Tosen ins Meer.
Auf der Rückfahrt in die Ressurection Bay kommt die „Alaskan Explorer“ an einigen kleinen Inselchen vorbei – und da liegen sie auf den Klippen, und recken ihre Hälse der Sonne entgegen: die Stellerschen Seelöwen. Das größte nach Steller benannte Tier dagegen, die Stellersche Seekuh, der in seinem später veröffentlichten Werk „Beschreibung von sonderbaren Meerthieren“ ein ganzes Kapitel gewidmet ist, wurde schon Anfang des 19. Jhs. von Pelztierjägern ausgerottet.
Im Alaska Sea Life Center im Städtchen Seward, dem Ausgangsort der Entdeckungsfahrt der „Alaskan Explorer“, sind die Seelöwen ein Dauerthema, denn auch ihre Population geht seit Jahren dramatisch zurück. „Zum einen ist die Wassertemperatur hier in den letzten 15 bis 20 Jahren um zwei Grad Celsius angestiegen“, erklärt Bill Hearn, einer der Biologen und Führer am Zentrum, „und es gibt Veränderungen in den Strömungen, die dazu führen, dass die Seelöwen immer mehr Energie aufwenden müssen, um an Futter zu kommen. Zum anderen werden sie häufiger gestört, beispielsweise durch Kreuzfahrtschiffe und kommerzielle Fischereiflotten“.
Text: Rainer Heubeck
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