„Zurück zur Natur!“ hört man allerorten deklamieren. Da denkt man an einsame Wälder, unberührte Berglandschaften oder wilde Meeresbrandung. Alles entweder weit weg von zu Hause oder kaum mehr zu finden. Dabei findet der erste und ursprünglichste Kontakt mit der Natur unter uns statt: genauer gesagt unter unseren Füßen, die auf diesem Erdboden herumlaufen. Und die sind sogar mit mehr Sinneszellen ausgestattet als unser Gesicht. Machen wir also die Probe aufs Exempel und laufen eine Weile barfuß, am besten in einem der schön angelegten Barfußparks.
Warum barfuß gehen?
Ohne Schuhe an den Füßen wird die Belastung beim Gehen gleichmäßig über den ganzen Fuß verteilt: Der Fuß kann besser abrollen und trainiert damit alle seine 60 Muskeln und 214 Sehnen. Außerdem werden durch den unebenen Untergrund sämtliche Fußreflexzonen massiert und stimuliert, der Kreislauf angeregt und das Immun- und Nervensystem in Balance gehalten. Kein Wunder also, dass schon Pfarrer Kneipp, der bekannte Allgäuer Kurarzt, seine Patienten barfuß auf die nasse Wiese geschickt hat.
Barfußpfade als Sinneserlebnis
Damit es nicht unkontrolliert piekst und sticht wie auf einer mit Rollsplit bestreuten Straße, haben die Barfußpfade unterschiedlichen Beläge zur Auswahl, die gleichmäßig verteilt sind: von Kieselsteinen über Kastanien und Tannenzapfen bis hin zu Steinen, geschliffenem Glas oder Moos. Auch Schlamm und Wasser gehören manchmal zum Parcours dazu, der entweder als fortlaufender Weg oder anhand von einzelnen Stationen gestaltet ist.
In jedem Fall sind neue Sinneseindrücke garantiert, wenn man über feuchten Lehm, warmen Steinboden oder kitzlige Zapfen läuft. Wer diese Reize besonders intensiv erleben will, schließt die Augen und lässt sich führen.
Barfußparks für Kinder
Auch bzw. gerade für Kinder ist diese alle Sinne stimulierende Bewegung ein großer Spaß. Besonders, wenn man sie mit ein paar Spielen verknüpft. Zusätzlich zur Wahrnehmung mit geschlossenen Augen kann man sie zum Beispiel den Untergrund erraten lassen. Oder man lässt sich vom Kind genau beschreiben, wie sich der Boden unter den Füßen gerade anfühlt. Das stimuliert dann auch noch den kognitiven Bereich im Gehirn und intensiviert das Erlebnis.
Barfuß laufen für die Gesundheit
Die Stimulation der Fußreflexzonen regt viele Organe an, die wechselnden Temperaturen an den Füßen den Kreislauf. Durch kalte Bäche, dann über warme Steine, wieder durch kühlen Schlamm – das Kneippen tut den Gefäßen gut und härtet ab.
Barfußlaufen kräftigt auch den Fuß und lindert sogar Fehlstellungen. Orthopäden empfehlen daher, immer mal wieder ohne Schuhe zu laufen, um die verkürzte Fußmuskulatur wieder zu beanspruchen. Durch das ständige Laufen in eventuell noch zu kleinen oder unpassenden Schuhen auf glattem Untergrund werden die Zehen zu wenig gefordert. Da sind Barfußparks genau das Richtige, um seine Füße mal zu belüften.
Und auch wenn's beim ersten Mal kitzelt und sticht: Mit jedem Mal wird die Fußsohle unempfindlicher. Wer's gar nicht aushält, kann sich auch „Barfußschuhe“ kaufen – Schuhe mit ganz weichen Sohlen, die jeden Zeh einzeln umschließen und die schlimmsten Piekser schon mal erträglich machen. Geübte Geher können mit diesen dann auch längere Touren und Wanderungen unternehmen.
Noch mehr Barfußlaufen
Das Barfußlaufen ist in den letzten Jahren zu einer richtigen Bewegung geworden. In vielen Städten gibt es sogar Vereine, die zusammen barfuß wandern gehen. Auch Barfuß-Wanderführer sind für einige Gegenden zu haben. Dort werden dann geeignete Strecken vorgestellt oder auf Barfußparks hingewiesen. Ein Verzeichnis der Barfußpfade in Deutschland, Österreich und anderen Ländern findet man unter www.barfusspark.info.
Eine Auswahl schöner Barfußpfade in Deutschland
Bauernhof-Barfußgarten Neukirchen (Schleswig-Holstein): Der Barfußpfad, der durch einen blühenden Bauerngarten führt, hat eine große Vielfalt von Garten- und Kulturpflanzen zu bieten, außerdem ein Streichelgehege für die Kinder, www.bauernhof-barfussgarten.de
Barfußpark Lienen (Nordrhein-Westfalen) 16 Stationen führen hier auf 2,5 Kilometern durch den Teutoburger Wald. Ein Wassertretbecken sowie ein Wasserspielplatz gehören auch dazu. Besondere Attraktion sind die Fackelwanderungen bei Vollmond, www.barfusspark-lienen.de
Barfußpfad am Umweltbahnhof Dannenwalde (Brandenburg): Barfußpfad mit direktem Bahnanschluss. Ein Schienenstrang führt zum 750 Meter langen Barfußparcours mit vielfältigen Erlebnisstationen und interessanten Themen rund um die Füße. http://www.barfusspark.info/parks/dannenw.htm
Barfußpfad Bad Orb (Hessen): Mit 4,5 Kilometer und 34 Stationen Deutschlands längster Barfußpfad, darunter einen Salinenschwebebalken, ein Dschungelweg, ein Schlammfeld und viel Bachberühung, www.bad-orb.info/erkunden/Aktiv-im-Spessart/Barfusspfad
Barfußpfad Bad Sobernheim (Rheinland-Pfalz): Der Klassiker unter den Barfußpfaden mit 3,5 Kilometer Länge. Inklusive Waten durch Lehm, Lehmstampfbecken und vielfältigen Balancier- und Spielstationen, www.bad-sobernheim.de/ferienregion/sport_und_freizeit/barfusspfad
Barfußpark Dornstetten-Hallwangen (Baden-Württemberg): 2,4 Kilometer lange Strecke mit 30 Stationen über Wiesen, auf gemulchten Wegen, über Sand, Kies, Steinen, Glaskies, Schlamm, Balancierstrecken und Hängebrücken. Ein Wasserspielplatz, ein Kneippbereich und eine Bachdurchquerung begeistern die Wasserratten, www.barfusspark.de
Barfußpfad Penzberg (Bayern): 1,8 Kilometer lange Barfuß-Strecke mit Alpenpanorama und netter Einkehrmöglichkeit, www.barfusspark.info/parks/penzberg.htm
Barfußpfad Beilngries (Bayern): Kleiner, aber origineller Pfad, der im Fluss weiterführt, www.familion.de/barfusspfad-beilngries-L2218.html
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von Solveig Michelsen